Liste |
Geogenetische Definitionen für Lockergesteine |
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Überbegriffe |
Gletscherablagerungen und glazigene Vollformen |
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Unterbegriffe |
Till |
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Einzelobjekt, gletschertransportiert |
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Glazitektonit |
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Begriffsdefinition 'Gletscherablagerungen' als PDF |
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Status |
gültig |
Kürzel |
g |
Erläuterung |
Klastische Lockergesteine, die durch die Akkumulation glazigen transportierten Schutts entstanden sind. |
Synonyme |
Eisablagerungen; glazigene, glaziäre, glaziale Ablagerungen |
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Kategorisierung |
petrogenetisch |
Englisch |
glacial deposits; glacial drift |
Zusammensetzung / Merkmale |
Die Bezeichnung Gletscherablagerung dient als Oberbegriff für eine Gruppe klastischer Lockergesteine (bei Einzelobjekten auch Festgesteine), welche durch die Akkumulation glazigen transportierten Schutts entstehen. Es handelt sich dabei um zumeist schlecht sortierte matrix- oder korngestützte Gemische aus Gesteins- und Mineralbruchstücken, die von der Tonfraktion bis zur Blockgröße reichen können. Zu den wichtigsten Gletscherablagerungen zählen Lockersedimente, die durch das unmittelbare Ausschmelzen von Schutt aus dem Gletschereis gebildet werden (→ Till). Anzeichen für eine geringfügige Aufarbeitung durch Schmelzwässer, erkennbar an der Ausbildung schwacher Schichtungsmerkmale oder der Verarmung an Feinkorn infolge von Durchspülung, sind für viele Gletscherablagerungen typisch. Häufig finden sich diagnostisch wichtige Deformationsmerkmale, die auf eine glazitektonische Störung durch aktiv fließendes Eis zurückgehen (Verfaltung, Aufschiebung, Scherung etc., → Glazitektonit). Sowohl im norddeutschen Tiefland als auch im alpinen Vereisungsgebiet enthalten Gletscherablagerungen im unverwitterten Zustand üblicherweise einen deutlichen Karbonatanteil. Detaillierte Angaben zu den Faziesmerkmalen einzelner Gletscherablagerungen finden sich in den jeweiligen Datenblättern (siehe Unterbegriffe). |
Entstehung |
Während des Pleistozäns erreichte das Skandinavische Inlandeis mehrfach das Norddeutsche Tiefland und hinterließ weitflächig mächtige Abfolgen von Gletscher- und assoziierten Schmelzwasserablagerungen. Ähnliche Sequenzen im Süden Deutschlands gehen auf Eisvorstöße aus dem Alpengebiet zurück, die im glazialen Maximum zu einer erheblichen Vorlandvergletscherung führten. Das dazwischenliegende Gebiet im mittleren Deutschland blieb, mit Ausnahme einzelner Lokalvergletscherungen in Hochlagen der Mittelgebirge, während des Quartärs unvergletschert und weist deshalb keine Gletscherablagerungen auf.
Aktiv fließendes Gletschereis kann an seiner Basis Gesteinsmaterial vom Untergrund erodieren und durch Anfrieren in das basale Eis aufnehmen. Im Zuge des anschließenden subglazialen Transports wird das Gesteinsmaterial durch Druck und Reibung intensiv aufgearbeitet und zerkleinert. Vom Eis verfrachtete gröbere Gesteinspartikel (Kies, Steine, Blöcke) werden allgemein als Geschiebe bezeichnet. Isoliert vorkommende Geschiebe auffälliger Größe (mindestens 1 m Durchmesser) werden auch als → Findlinge bezeichnet. Neben dem Transport an der Gletschersohle (subglazial) sowie im Gletschereis (englazial) bewegen v. a. Gebirgsgletscher häufig auch größere Mengen an Gesteinsschutt auf der Gletscheroberfläche (supraglazial). Dieses Material gelangt zumeist von den begrenzenden steilen Talflanken auf die Eisoberfläche. Je nach ihrem primären Bildungsraum entstehen Gletscherablagerungen durch Austauen oder Druckschmelzen an der Gletscherbasis (subglazial) bzw. unmittelbar am Gletscherrand (terminoglaziale Schuttanhäufungen). Supra- und englazial transportierte Materialien, die beim flächigen Niedertauen stagnierender Eismassen (Eiszerfall) frei werden, zeigen fast immer Merkmale gravitativer Umlagerung und Aufarbeitung. Weitergehende Angaben zu den Ablagerungsprozessen einzelner Gletscherablagerungen finden sich in den jeweiligen Datenblättern (siehe Unterbegriffe). |
Bildungsprozess |
• glazigen |
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• gravitativ |
Bildungsraum |
• subglazial |
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• supraglazial |
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• englazial |
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• terminoglazial |
Bildungsmilieu |
• glaziär |
Abgrenzung |
Nicht zu den Gletscherablagerungen im hier verwendeten Sinn werden Sedimente gerechnet, die zwar glazigenen Ursprungs sind, aber erst nach längerem Schmelzwassertransport glazifluviatil oder glazilakustrin abgelagert wurden (→ Schmelzwasserablagerungen, Beckenablagerungen). |
Anmerkung |
Der Begriff Gletscherablagerung ist eine Sammelbezeichnung für verschiedenartige glaziäre Sedimente und damit zunächst ohne konkreten Bezug auf spezifische glaziale Ablagerungsprozesse. Sofern möglich sollte eine weitergehende Klassifikation und geogenetische Ansprache erfolgen (siehe Unterbegriffe). |
Literatur |
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SCHLÜCHTER, C. (1979): Moraines and varves: origin, genesis, classification. – 441 S.; Rotterdam (Balkema). |
Bearbeitung |
Erstbearbeitung (Eisablagerungen): GROTTENTHALER, W., HINZE, C. & STEPHAN, H.-J. (1985) |
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Neubearbeitung: ROTHER, H. & WANSA, S. (2019) |
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Abbildung 1 |
 Abb. 126-01: Abfolge schräggestellter Gletscherablagerungen über Schreibkreide, im Hangenden diskordant durch den M3-Till überlagert; Spaten als Maßstab (Glower Sattel, Jasmund, Rügen, MV; Foto: H. ROTHER, 2013). |
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Inspire Code |
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Genutzt für BoreholeML |
Ja |
Begriffs-ID |
126 |
Eltern-ID |
297 |
Hierarchie |
2 |
Änderungsdatum |
20.12.2022 |
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Link |
https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/01aa1182-f3d3-4fc3-a43a-5309204f1e70 |
Excel |
https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/excel/01aa1182-f3d3-4fc3-a43a-5309204f1e70 |
JSON |
https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/json/01aa1182-f3d3-4fc3-a43a-5309204f1e70 |
CSV |
https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/csv/01aa1182-f3d3-4fc3-a43a-5309204f1e70 |