Fachliche Grundlagen > Genese und Geogenese > Geogenetische Definition > Lockergesteine

Till

Liste Geogenetische Definitionen für Lockergesteine

Überbegriffe Gletscherablagerungen und glazigene Vollformen > Gletscherablagerungen

Unterbegriffe Primärtill
Sekundärtill

Download Begriffsdefinition 'Till' als PDF

Status gültig
Kürzel gt
Erläuterung Durch einen Gletscher transportiertes und abgelagertes, meist diamiktes, klastisches Sediment.
Synonyme Moräne / Moränenablagerung: Weiterverwendung nicht empfohlen; Geschiebemergel: petrogenetischer Sammelbegriff für karbonathaltige Tills.; Geschiebesand petrogenetischer Sammelbegriff für Tills mit stark sandiger Matrix (nach HÖFLE 1983).; Grundmoräne: ein bisher sowohl für glaziale Landschaftsformen als auch für glazigene Sedimente unterschiedlicher Herkunft genutzter Sammelbegriff (Weiterverwendung als Synonym für Till nicht empfohlen, siehe 11).

Kategorisierung petrogenetisch
Englisch Till
Zusammensetzung / Merkmale Till ist ein zumeist matrix-, v. a. im Alpenraum häufig auch korngestütztes, massives, seltener auch schwach geschichtetes, meist diamiktes Sediment, dessen Korngrößenspektrum von der Ton- bis zur Blockfraktion reichen kann. Lokal können → Schollen von Fremdgestein oder Schlieren bzw. Linsen eingelagerter Lockersedimente auftreten. Je nach Ablagerungsprozess wird zwischen Primärtill (= direkte subglaziale Ablagerung) und Sekundärtill (= Ablagerung vom Gletscher, synsedimentär oder sekundär überprägt) unterschieden. In getrocknetem Zustand entwickelt sich in Primärtills häufig ein geklüftetes, teils auch blättriges Erscheinungsbild. Sekundärtills zeigen häufig Merkmale gravitativer Remobilisierung (→ Fließtill), subaquatischer Ablagerung (→ Unterwassertill) oder einer Beeinflussung durch strömendes Wasser (→ Abschmelztill), die in diesen Tills häufig zur Ausbildung sedimentärer Schichtungsmerkmale führen. Sowohl im norddeutschen Vereisungsgebiet als auch in den Alpen weisen Tills aufgrund der im Vergletscherungsgebiet anstehenden Karbonatgesteine üblicherweise einen deutlichen Kalkanteil auf („Geschiebemergel“). Die lithologische Zusammensetzung des Geschiebebestands eines Tills erlaubt in vielen Fällen eine Einengung des jeweiligen Herkunftsgebietes.
Entstehung Der ursprünglich aus Schottland stammende Begriff Till (GEIKIE 1863) bezeichnet ein klastisches Sediment, dessen Komponenten durch einen Gletscher transportiert und abgelagert wurden. Nach Definition der INQUA Till Work Group (DREIMANIS 1988) sollten echte Tills keine bzw. nur geringfügige Merkmale einer Sortierung durch Wasser aufweisen (DREIMANIS 1988, LUKAS & ROTHER 2016). Die hier als Primärtill klassifizierten Diamikte werden subglazial durch (a) die Ablagerung aus schuttreichem Gletschereis oder (b) durch die vollständige Disaggregation und Homogenisierung bereits vorliegender Sedimente an der Gletschersohle gebildet. Sekundärtills entstehen ebenfalls durch die Akkumulation glazial transportierten Schutts, jedoch kommt es dabei zu einer syn- oder postsedimentären Überprägung durch gravitative Umlagerung bzw. Aufarbeitung durch Schmelzwässer.
Bildungsprozess glazigen
• glazigen abgesetzt
• glazigen zerschert
• ausgeschmolzen
• glazigen abgetropft
• glazigen abgeflossen
• durch Niedertauen
Bildungsraum subglazial
supraglazial
terminoglazial
englazial
Bildungsmilieu glaziär
Abgrenzung
  • Schuttstromablagerung: meist als wassergesättigte Rutschmasse oder Schlammstrom-ablagerung entstandenes Diamikton, welches nicht primär glazigenen Ursprungs ist.
  • Geschiebedecksand: sandige, z. T. kieshaltige Deckschicht, die durch oberflächen-wirksame periglaziale Prozesse entstanden ist. Als Begriff nur für das nordische Vereisungsgebiet gebraucht. 
  • Fließerde: Im Bereich des Auftaubodens über Permafrost durch wasserübersättigtes, zähbreiiges Fließen (Makrosolifluktion, Gelifluktion) sowie durch Frosthub und damit verbundenem Materialtransport beim Wiederauftauen in Gefällerichtung (Mikrosolifluktion, Frostkriechen).
Anmerkung Der deutsche Begriff Moräne sowie die davon abgeleiteten Formen (z. B. Grundmoräne) sollen künftig in Anlehnung an die internationale Nomenklatur nur im geomorphologischen Sinne verwendet werden. In den Fällen, wo glazigene Sedimente bislang durch die Worterweiterung „-moräne“ gekennzeichnet wurden (z. B. Abschmelzmoräne) sind diese fortan durch den Zusatz „-till“ zu ersetzen (z. B. Abschmelztill).
Literatur BRODZIKOWSKI, K. & LOON, A. J. VAN (1990): Glacigenic Sediments. – Developments in Sedimentology, 49, 674 S.; Amsterdam (Elsevier).
GEIKIE, A. (1863): On the glacial drift of Scotland. – Transactions of the Geological Society of Glasgow, 1: 1–190.
DREIMANIS, A. (1988): Tills: Their genetic terminology and classification. – In: GOLDTHWAIT, R. P. & MATSCH, C. L. (eds.): Genetic classification of glacigenic deposits: 17–83; Rotterdam (Balkema).
EHLERS, J. (2011): Das Eiszeitalter. – 363 S.; Heidelberg (Spektrum).
EVANS, D. J. A. (2007): Tills. – In: ELIAS, S. A. (ed.): Encyclopedia of Quaternary Science: 959–975; Amsterdam (Elsevier).
EVANS, D. J. A., PHILLIPS, E. R., HIEMSTRA, J. F. & AUTON, C. A. (2006): Subglacial till: formation, sedimentary characteristics and classification. – Earth Science Reviews, 78: 115–176.
HÖFLE, H.-C. (1983): Strukturmessungen und Geschiebeanalysen an eiszeitlichen Ablagerungen auf der Osterholz-Scharmbecker Geest. Abh. Naturwissenschaftlicher Verein Bremen, 40: 39-53.
LUKAS, S. & ROTHER, H. (2016). Moränen versus Till: Empfehlungen für die Beschreibung, Interpretation und Klassifikation glazialer Landformen und Sedimente. E&G Quaternary Science Journal, 65 (2): 95−112.
PIOTROWSKI, J. A. (1992): Was ist ein Till? Faziesstudien an glazialen Sedimenten. – Die Geowissenschaften, 10: 100–108.
SCHLÜCHTER, C. (1997): Sedimente des Gletschers (Teil I). – Bulletin für angewandte Geologie, 2: 99–112.
Bearbeitung Erstbearbeitung (Geschiebemergel): STEPHAN, H.-J.; Dezember 1984
Neubearbeitung: ROTHER, H.; März 2019

Abbildung 1
Abfolge von zwei Primärtills (Mo- über Mm-Geschiebemergel). Am Kontakt zwischen beiden Tills (im oberen Drittel des Fotos) befindet sich eine undeutlich ausgebildete Steinsohle. Die innerhalb des liegenden Tills auftretenden Hohlräume sind durch Auskolkung von Sandlinsen durch Brandung entstanden (Timmendorf-Strand, Westkliff der Insel Poel, Mecklenburg-Vorpommern; Foto: H. ROTHER, September 2014).
Abbildung 2
Wechsellagerung von subaquatisch abgelagertem Sekundärtill (Fließtill) und fein-geschichteten glazilakustrinen Sedimenten (Insel Poel, Timmendorf-Strand; Foto: H. ROTHER, September 2014).
Abbildung 3
Günzzeitlicher, matrixgestützter Till (Geschiebemergel) des Salzach-Vorlandgletschers, zuoberst braun oxidiert, unter würmzeitlichem Schmelzwasserschotter der Alz (Baugrubenböschung in Heiligkreuz-Eglsee NE Trostberg, Bayern; Foto: G. Doppler, 07.08.1976).
Abbildung 4
Würmzeitlicher Till (Geschiebemergel) des Lech-Vorlandgletschers mit gekritztem Geschiebe (Rutschhang am Lechstausee SW Schongau, Bayern; Foto: G. DOPPLER, BayLfU, 24.07.2013).
Abbildung 5
Saale-Till (Drenthe-Stadium) über Haupt-(Mittel)Terrasse der Saale-Mulde (Kiessandtagebau Drosa, Sachsen-Anhalt; Foto: S. WANSA, 14.10.2006).

Inspire Code
Genutzt für BoreholeML Ja
Begriffs-ID 127
Eltern-ID 126
Hierarchie 3
Änderungsdatum 31.03.2025

Link https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/ed298f42-9166-4881-930c-e7a820bf8c52
Excel https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/excel/ed298f42-9166-4881-930c-e7a820bf8c52
JSON https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/json/ed298f42-9166-4881-930c-e7a820bf8c52
CSV https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/csv/ed298f42-9166-4881-930c-e7a820bf8c52

Zur Liste 'Geogenetische Definitionen für Lockergesteine' zurück
Zitiervorschrift:
AG Geologie: Geologische Kartieranleitung, Till; 31.03.2025.- Online im Internet: https://www.geokartieranleitung.de/Fachliche-Grundlagen/Genese-und-Geogenese/Geogenetische-Definition/Lockergesteine/entry/ed298f42-9166-4881-930c-e7a820bf8c52/mid/3427, Abrufdatum 01.05.2025 um 11:29 Uhr.
(Letzte Aktualisierung dieser Seite: Last update : 31.03.2025 13:18:13)
© AG Geologie