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Unterwassertill

Liste Geogenetische Definitionen für Lockergesteine

Überbegriffe Gletscherablagerungen und glazigene Vollformen > Gletscherablagerungen > Till > Sekundärtill

Unterbegriffe subaquatischer Schlammstrom
Abtropfdiamikton

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Status gültig
Kürzel gtw
Erläuterung Vom Gletscher im subaquatischen Milieu abgelagerter Till.
Synonyme Unterwassermoräne (Weiterverwendung nicht empfohlen)

Kategorisierung petrogenetisch
Englisch waterlain till
Zusammensetzung / Merkmale Glaziales Diamikton, welches vom Gletscher im subaquatischen Milieu abgelagert wurde. Der Unterwassertill tritt häufig im Verbund mit feinkörnigen, teils laminierten glazilakustrinen oder glazimarinen Sedimenten auf. Viele Bearbeiter untergliedern Unterwassertills zusätzlich in subaquatische Schlammströme (grobgeschichtete diamikte Pakete mit deutlichen Anzeichen für gravitative Umlagerung) und subaquatische Abtropfdiamikton (aus der Gletscherbasis oder von Eisbergen abgetropfte Diamikte mit graduellem Kontakt zu umgebenden Stillwassersedimenten). Bei hohem glazialem Schuttaufkommen bzw. in Kombination mit glazitektonischen Prozessen können Unterwassertillsequenzen mächtige Abfolgen (>10 m) mit weitgehend chaotischen Lagerungsverhältnissen bilden.
Entstehung Nach DREIMANIS (1979) werden Unterwassertills vornehmlich durch zwei Mechanismen gebildet: (1) durch das subaquatische Abregnen oder Abtropfen glazialen Schutts aus dem basalen Eis aufschwimmender Gletscher oder (2) als Ablagerung subaquatischer Schlammströme am Grund proglazialer oder subglazialer Becken. Letztere Sedimente entstehen zumeist durch das Abgleiten supraglazialer Materialien von der Gletscherstirn in proglaziale Wasserkörper. Da Prozesse der Sortierung (Absetzen durch eine Wassersäule) bzw. Remobilisierung (Ablagerung als Schuttstrom) maßgeblich an der Genese von Unterwassertill beteiligt sind, wird dieser Tilltyp zu den Sekundärtills gezählt. Einige Autoren argumentieren jedoch, dass der Unterwassertill in Gänze nicht zur Kategorie Till gehört und besser als glazilakustrines / glazimarines Diamikton bezeichnet werden sollte.
Bildungsprozess glazigen
• glazigen abgetropft
• glazigen abgeflossen
Bildungsraum glazilakustrin
• glazimarin
subglazial
• terminoglazial
proglazial
Bildungsmilieu glaziär
Abgrenzung
  • Fließtill: Bezeichnung für gravitativ gebildete Rutschmassen, die durch das Abgleiten oder schlammstromartiges Fließen von der Eisoberfläche außerhalb subaquatischer Ablagerungsräume gebildet werden.
  • Beckenablagerungen: feinkörnige Eisstauseeablagerungen
Anmerkung Der Begriff Unterwassertill sollte nicht für die Ansprache feingeschichteter, glazilakustriner oder glazimariner Sedimente mit vereinzelten Dropstones verwendet werden.
Literatur BENNETT, M. R. & GLASSER, N. F. (2009): Glacial sedimentation in water. – In: BENNETT, M. R. & GLASSER, N. F. (eds.): Glacial Geology: Ice sheets and landforms: 305–327; Chichester (Wiley).
COHEN, J. M. (1983): Subaquatic mass flows in a high energy ice marginal deltaic environment and problems with the identification of flow tills. – In: EVENSON, E. B., SCHLÜCHTER, C. & RABASSA, J. (eds.): Tills and related deposits: 255–267; Rotterdam (Balkema).
DREIMANIS, A., (1979). The problems of waterlain tills. – In: SCHLÜCHTER, C. (ed.): Moraines and Varves: 167–177; Rotterdam (Balkema).
DREIMANIS, A. (1988): Tills: Their genetic terminology and classification. – In: GOLDTHWAIT, R. P. & MATSCH, C. L. (eds.): Genetic classification of glacigenic deposits: 17–83; Rotterdam (Balkema).
EHLERS, J. (2011): Das Eiszeitalter. – 363 S.; Heidelberg (Spektrum).
EVENSON, E. B., DREIMANIS, A. & NEWSOME, J. W. (1977): Subaquatic flow tills: a new interpretation for the genesis of some laminated till deposits. – Boreas, 6: 115–133.
LØNNE, I. (1995): Sedimentary facies and depositional architecture of ice-contact glaciomarine systems. – Sedimentary Geology, 98: 13–43.
PIOTROWSKI, J. A. (1994): Waterlain and lodgement till facies of the lower sedimentary complex from the Dänischer Wohld Cliff, Schleswig-Holstein, North Germany. – In: WARREN, W. P. & CROOT, D. G. (eds.): Formation and deformation of glacial deposits: 3–8; Rotterdam (Balkema).
Bearbeitung ROTHER, H. & DOPPLER, G.; März 2019

Abbildung 1
Unterwassertillsequenz mit Schichtungsmerkmalen, gebildet im proglazialen Becken eines Gebirgsgletschers der neuseeländischen Alpen (Lake Pukaki, Neuseeland; Maßstab 1 m; Foto: H. ROTHER, Januar 2006).
Abbildung 2
Als subaquatischer Schuttstrom abgelagerter Unterwassertill (Diamikton) in Wechsel-lagerung mit glazilakustrinen Sedimenten (laminierte Bereiche) (Lake Pukaki, Neuseeland; Maßstab 30 cm; Foto: H. ROTHER, Januar 2006).
Abbildung 3
Diamikte Lagen von Unterwassertill in proglazial gebildeten Beckensedimenten, durch Umlagerung deformiert (OPAL-Gastrasse bei Ducherow, Mecklenburg-Vorpommern; Maßstab 1,8x1,3 m; Foto: A. BÖRNER, 2010).
Abbildung 4
Geschichtete Unterwassertillsequenz mit Großgeschiebe (im Bild links oben) in Beckensedimenten (OPAL-Gastrasse bei Ferdinandshof, Mecklenburg-Vorpommern; Maßstab 1,8x1,4 m; Foto: A. BÖRNER, 2010).

Inspire Code
Genutzt für BoreholeML Ja
Begriffs-ID 146
Eltern-ID 300
Hierarchie 5
Änderungsdatum 04.07.2024

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Zitiervorschrift:
AG Geologie: Geologische Kartieranleitung, Unterwassertill; 31.03.2025.- Online im Internet: https://www.geokartieranleitung.de/Fachliche-Grundlagen/Genese-und-Geogenese/Geogenetische-Definition/Lockergesteine/entry/71ba7ce0-9390-4bef-922e-48dd27df9615/mid/3427, Abrufdatum 01.05.2025 um 16:11 Uhr.
(Letzte Aktualisierung dieser Seite: Last update : 31.03.2025 13:18:13)
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