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Rinnenablagerungen (im Gezeitenstrom)

Liste Geogenetische Definitionen für Lockergesteine

Überbegriffe Meeres- und Küstenablagerungen > Marine Ablagerungen

Unterbegriffe -

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Status gültig
Kürzel war
Erläuterung Ablagerungen des Meerwassers in langgestreckten Rinnen, überwiegend unterhalb der Niedrigwasserlinie
Synonyme Gezeitenrinnenablagerungen, Seegaten-Sedimente, Priel-Sedimente

Kategorisierung petrogenetisch
Englisch tidal channel-fill
Zusammensetzung / Merkmale Rinnenablagerungen im Gezeitenstrom bestehen überwiegend aus sandigen, vielfach schlecht sortierten, meist kalkhaltigen Ablagerungen, teilweise mit grobsandigen bis kiesigen, partienweise kalkfreien Einschaltungen. Am Rinnengrund bzw. in Aufarbeitungshorizonten kommen häufig Basalkonglomerate und Sohlpflaster aus Steinen, Kies, Schill, Holz, Torf- und Schlickgeröllen vor. In großen Gezeitenrinnen können auch Groß- und Riesenrippeln mit den entsprechenden Merkmalen von Rippelschichtung auftreten. Sedimente kleinerer Rinnen zeigen häufig longitudinale Schrägschichtung.
Durch das Einschneiden von Rinnen in ältere Schichten und das Aufarbeiten von Pleistozänmaterial wird oft gröberes, z. T. Steine führendes Material in die marinen Sedimente eingearbeitet. Dieses ist häufig kalkfrei und kann die kalkhaltigen, aus dem marinen Bereich stammenden Komponenten partienweise stark reduzieren, so dass anstehendes Pleistozän vorgetäuscht wird. In solchen Fällen lassen sich die geringere Lagerungsdichte, die schlechte Sortierung und gelegentlich auch der höhere Anteil von Pflanzendetritus der Rinnensedimente als Unterscheidungskriterien heranziehen.
Entstehung Die Sedimentation erfolgt in langgestreckten, oft schmalen und mäandrierenden Rinnen des subtidalen und intertidalen Bereichs mit Gezeitenströmungen von 100 bis 150 cm/sec. Der überwiegende Teil der Rinnen gehört zum subtidalen Ablagerungsbereich, nur ein Teil von ihnen reicht bis in die im Gezeitenrhythmus trockenfallende Auftauchzone der Watten. Die Rinnensedimente entstehen unter dem Einfluss von mäßigen bis starken Gezeitenströmen und nehmen räumlich eine Zwischenstellung zwischen → marinen Ablagerungen und → Wattablagerungen ein.
Durch die Tendenz der mäandrierenden Wattrinnen zu seitlichen Verlagerungen werden die groben Ablagerungen an der Rinnenbasis häufig von feinen Gleithangsedimenten überdeckt. Dabei entsteht eine vom Rinnenrand zum Rinnentiefsten einfallende und parallel zum Stromstrich verlaufende Schichtung, die als longitudinale Schrägschichtung bezeichnet wird. Durch Rutschungen treten in diesen feinkörnigen Sedimentkörpern häufig Scherflächen und Gleitfaltungen auf.
Bildungsprozess Sedimentation
aquatisch-klastisch
marine Erosion
Bildungsraum marin
• litoral (eu- bis sublitoral
• z. T. auch supra- bis epilitoral)
• subtidal bis intertidal
Bildungsmilieu sedimentär
marin
Abgrenzung
  • Sandwatt / Wattsand: flächenhaft verbreitete Gezeitenablagerungen außerhalb der Rinnen mit sehr viel besser sortierten Fein- und Mittelsanden und geringerem Anteil von Schalen mariner Muscheln und Schnecken.
Anmerkung Rinnensedimente bilden sich in Gezeitenrinnen unterschiedlicher Dimension. Sie kommen in Großrinnen vor (z. B. Jade mit 2 - 5 km Breite, 24 m Wassertiefe, Wasserdurchfluss von 450 Mio. m³ pro Tide), in Seegaten zwischen Barriere-Inseln (1 - 4 km breit, bis über 20 m tief) sowie in sich verzweigenden Prielsystemen der Watten (weniger als 20 - 30 m breit, bei Niedrigwasser weniger als 1 m tief). Verfüllte Rinnensysteme sind an der Wattoberfläche gelegentlich durch ausstreichende longitudinale Schrägschichtungen zu erkennen. Durch die Verlagerungstendenz solcher Rinnen nehmen Rinnensedimente im Untergrund der Watten einen weit größeren Raum ein, als dies aufgrund der Dimension und der räumlichen Verteilung rezenter Wattrinnen zu erwarten ist. In den sandigen Rinnenfüllungen treten geringere Setzungsbeträge auf als in den tonig-schluffigen Begleitsedimenten. Deshalb pausen sich fossile Rinnensysteme in den Marschen häufig als Inversionsrücken bis an die Geländeoberfläche durch. Sie unterscheiden sich zudem durch ihren Kalkgehalt von den sie umgebenden Sedimenten.
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HANISCH, J. (1981): Sand transport in the tidal inlet between Wangerooge and Spiekeroog (W Germany). – Special Publications of the International Association of Sedimentologists, 5: 175–185.
JANETZKO, P. (1977): Das Entwässerungssystem von Stör und Kremperau in der jüngeren Nacheiszeit im Bereich der Krempermarsch (Schleswig-Holstein). – Schriften des naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig-HoIstein, 47: 63–70.
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REINECK, H.-E. & SINGH, I. B. (1980): Depositional Sedimentary Environments, 2nd edition. – 551 p.; Berlin, Heidelberg, New York (Springer).
STREIF, H. (1971): Stratigraphie und Faziesentwicklung im Küstengebiet von Woltzeten in OSTFRIESLAND. – Beihefte zum Geologischen Jahrbuch, 119: 59 S.
STREIF, H. (1990): Das ostfriesische Küstengebiet - Inseln, Watten und Marschen. – Sammlung Geologischer Führer, 57, 2. Aufl.: 376 S.; Berlin, Stuttgart (Borntraeger).
Bearbeitung Erstbearbeitung: STREIF, H. (1986)
Überarbeitung: SCHWARZ, C., KAUFHOLD, H., OBST, K., GRUBE, A. (2020)

Inspire Code
Genutzt für BoreholeML Nein
Begriffs-ID 12
Eltern-ID 2
Hierarchie 3
Änderungsdatum 12.03.2021

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Zitiervorschrift:
AG Geologie: Geologische Kartieranleitung, Rinnenablagerungen (im Gezeitenstrom); 04.09.2023.- Online im Internet: https://www.geokartieranleitung.de/Fachliche-Grundlagen/Genese-und-Geogenese/Geogenetische-Definition/Lockergesteine/entry/592d9c92-a035-4726-85f9-3e43ca71e667/mid/3427, Abrufdatum 17.05.2024 um 07:58 Uhr.
(Letzte Aktualisierung dieser Seite: Last update : 04.09.2023 10:21:46)
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