Fachliche Grundlagen > Genese und Geogenese > Geogenetische Definition > Lockergesteine

Meeres- und Küstenablagerungen

Einleitung
SCHWARZ, C., GRUBE, A., KRIENKE, K. & OBST, K.
(Überarbeitete Version, basierend auf STREIF, H. & MENKE, B. (1986) in: HINZE, C., JERZ, H., MENKE, B. & STAUDE, H. (1989: 190-192))
Meeresablagerungen werden nach einem Materialtransport im Meerwasser unter den Einflüssen von Schwerkraft, Strömungen und teilweise unter Seegangs-, Brandungs-und Gezeiteneinflüssen abgelagert. Bei den Küstenablagerungen kann zusätzlich der Wind einen großen Einfluss auf den Materialtransport haben. Die Ablagerungsräume der Nord- und der Ostsee unterscheiden sich dabei deutlich. Im küstennahen Bereich der Nordsee erfolgt der Materialtransport bevorzugt unter dem Einfluss von Gezeitenströmungen. In der fast gezeitenlosen Ostsee ist dagegen der Wind der wichtigste Antrieb für Meeresströmungen, die den Materialtransport bewirken. Zeitweilig können auch Dichteunterschiede, z. B. durch Differenzen beim Salzgehalt, Strömungen hervorrufen. Daneben haben auch Morphologie und Material der pleistozänen Bildungen einen nachhaltigen Einfluss auf Abtragung und Sedimentation im küstennahen Bereich. Für die Entstehung der beschriebenen Ablagerungen sind zudem die starken und relativ raschen Veränderungen des Meeresspiegels infolge von Klimaschwankungen des Quartärs von Bedeutung. Rückwirkungen dieser Klimaschwankungen reichten über veränderte Vorflutverhältnisse räumlich über den Küstenraum hinaus und beeinflussten mehr oder weniger weit auch die Ablagerungsprozesse im nicht marinen Hinterland. Zwischen den Meerwasser- und Süßwasserbereich schiebt sich eine unterschiedlich breite Brackwasserzone ein.
[... weiterlesen]

Liste Geogenetische Definitionen für Lockergesteine

Überbegriffe -

Unterbegriffe Marine Ablagerungen
Küstenablagerungen

Download Begriffsdefinition 'Meeres- und Küstenablagerungen' als PDF

Status gültig
Kürzel mk
Erläuterung Ablagerungen des Meerwassers, auch bei vorübergehender Überflutung im Küstengebiet
Synonyme Marine und litorale Ablagerungen

Kategorisierung geomorphologisch, petrogenetisch
Englisch marine deposits and coastal sediments
Zusammensetzung / Merkmale Meeres- und Küstenablagerungen lassen sich aufgrund des Salzgehaltes und der Wasserdynamik marinen, marin-brackischen, brackischen (lagunären / ästuarinen) und litoralen Sedimentationsräumen zuordnen.
Bei der Beschreibung und Klassifizierung der Meeres- und Küstenablagerungen werden, je nach den oben genannten vorherrschenden hydraulischen Einflüssen, verschiedenartige morphologische bzw. fazielle Unterscheidungskriterien herangezogen. Diese können sowohl klein- bis großskalige Sedimentkörper umfassen, z. B. Rippeln, subaquatische Dünen, Strandwälle (→ Strandablagerungen, → Küstendünenablagerungen), als auch Faziesbereiche bzw. –assoziationen mit speziellen hydrologischen, sedimentologischen und biologischen Merkmalen (→ Wattablagerungen). Sie können Ablagerungen in Vegetationsbeständen beschreiben (→ Auenwaldbildungen küstennah) oder auch Salzgehaltsunterschiede angeben (→ Brackische Ablagerungen).
Entstehung Meeresablagerungen werden nach einem Materialtransport im Meerwasser unter den Einflüssen von Schwerkraft und hydrodynamischen Verhältnissen, darunter Strömungen, Seegang, Brandung und Gezeiten, abgelagert. Daraus resultieren u. a. wellen-, sturm- sowie gezeitenbeeinflusste Sedimentationsprozesse, die besonders Küstenablagerungen sowie küstennahe Ablagerungen kennzeichnen. Zusätzlich hat der Wind im marin-terrestrischen Übergangsbereich einen großen Einfluss auf den Materialtransport, z. B. bei der Aufwehung von Küstendünen.
Die Sedimente der Küstenregion sind zum weitaus überwiegenden Teil vom strömenden Wasser abgelagert worden, wobei sich anhand der Ablagerungsprozesse und der Dauer der Wasserbedeckung mehrere Sedimentationsräume unterscheiden lassen. Der ständig vom Wasser bedeckte Bereich (Sublitoral) erstreckt sich an der Nordsee unterhalb der Linie des Mitteltideniedrigwassers, an der (fast) gezeitenfreien Ostsee unterhalb der Mittelwasserlinie (→ Marine Ablagerungen, → Brackische Ablagerungen). In unmittelbarer Küstennähe (Brandungszone) können außerdem die → Ablagerungen des Vorstrandes (der Schorre) ausgegliedert werden. Der Auftauchbereich (Eulitoral) umfasst die Zone zwischen der Mitteltideniedrig- und der Mitteltidehochwasserlinie. Dies ist an der deutschen Nordseeküste die breite Zone der im Gezeitenrhythmus überfluteten und trocken fallenden Watten (→ Wattablagerungen), für die es an der fast gezeitenfreien Ostseeküste kein Gegenstück gibt. Bei starken Winden kann das Wasser jedoch aus den Bodden hinaus in die Ostsee gedrückt werden, so dass einige besonders flache Bereiche trocken fallen (→ Windwatt). Der oberhalb der Mitteltidehochwasser- bzw. der Mittelwasserlinie liegende Bereich (Supralitoral) wird nur gelegentlich bei hohen Wasserständen überflutet. Zu dieser Zone gehört der meist nur spärlich bewachsene trockene Sandstrand an den Nordsee- und Ostseeküsten (→ Strandablagerungen). Eine Sedimentab- oder -umlagerung durch Wasser findet hier nur noch bei kurzdauernden, seltenen Ereignissen (z.B. Sturmfluten) statt. In den noch höher gelegenen Bereichen wird Material vorwiegend durch Wind transportiert und abgelagert (→ Küstendünenablagerungen). Mit wachsendem horizontalem und vertikalem Abstand von der Wasserlinie beginnen zunehmend Bodenbildungsprozesse abzulaufen und es entwickeln sich teilweise sehr dichte Vegetationsbestände. Diese aus einem Wechsel zwischen nur noch kurzfristigem Sedimentauftrag und lang andauernden Phasen der Bodenbildung und Vegetationsentwicklung hervorgegangenen Abfolgen unterscheiden sich in der Art und Weise ihrer Entstehung von den typischen Sedimenten und Ablagerungen des Küstenraumes, was auch in ihrer Bezeichnung als „Bildungen“ zum Ausdruck gebracht wird (→ Vorlandbildungen, → Auenwaldbildungen küstennah und → Uferwallbildungen).
Bildungsprozess Sedimentation
marine Erosion
klastisch
• chemisch-sedimentär
sedentär
Bildungsraum marin
litoral
supratidal
intertidal
subtidal
neritisch
terrestrisch bis marin
lagunär
marines Delta
Ästuar
Bildungsmilieu marin
brackisch
Anmerkung Aus dem breit gefächerten Spektrum der Meeressedimente in der Tiefsee, am Kontinentalhang, auf dem Schelf und im küstennahen Bereich wird auf den Geologischen Kartenwerken der Staatlichen Geologischen Dienste der Küstenländer nur ein äußerst enger Ausschnitt dargestellt, der überwiegend Lockersedimente des küstennahen Bereichs umfasst. Für ihre Entstehung sind die starken und relativ raschen Verschiebungen des Meeresspiegels infolge von Klimaschwankungen des Quartärs von Bedeutung. Deren Wirkungen reichten über veränderte Vorflutverhältnisse auch mehr oder weniger weit in das nicht marine Hinterland. Zwischen den Meerwasser- und Süßwasserbereich schiebt sich eine unterschiedlich breite Brackwasserzone ein. Im überwiegend brackisch geprägten Ostseeraum wird aus pragmatischen Gründen der von der offenen See beeinflusste Bereich als marin klassifiziert, da für die Ausbildung der Ablagerungen mehr die Dynamik des Wasserkörpers als dessen Salzgehalt verantwortlich ist.
Die verschiedenen Faziestypen des Meeres- und Küstenraumes verzahnen sich häufig. Für eine zutreffende und reproduzierbare geogenetische Zuordnung der Ablagerungen sollten deshalb bevorzugt solche Merkmale verwendet werden, die in Bohrungen und Aufschlüssen makroskopisch erkennbar sind, wie Korngrößenverteilung und Kornform, Art und Menge organischer Substanz, Sedimentschichtung, Fossilien, Bioturbation, Kalkgehalt etc. In bestimmten Fällen kann auch die Morphologie des Sedimentkörpers als zusätzliches Merkmal herangezogen werden (z. B. bei Strandwällen, Dünen, Inversionsrücken).
Die marin-brackischen Ablagerungsräume haben sich im Laufe des Quartärs erheblich verändert. Ein Teil pleistozäner Meeresablagerungen der Holstein- und Eem-Warmzeit ist in Buchten entstanden, die tief in das heutige Binnenland hineinreichten. Die auf den Geologischen Kartenwerken der SGD der Küstenländer ausgeschiedenen holozänen Sedimente wurden und werden in zwei getrennt liegenden Meeren unter verschiedenartigen Einflüssen abgelagert. Im küstennahen Bereich der Nordsee erfolgt der Materialtransport sowohl durch windgetriebene Strömungen als auch besonders durch Gezeitenströmungen. In der (fast) gezeitenlosen Ostsee ist dagegen, abgesehen von Dichteausgleichströmungen durch thermohaline Eigenschaften des Ostseewasserkörpers, der Wind Motor der Meeresströmungen, die den Materialtransport bewirken. Daneben haben auch Morphologie und Material der pleistozänen Bildungen einen nachhaltigen Einfluss auf Abtragung und Sedimentation im küstennahen Bereich.
An der deutschen Nordseeküste grenzt das Supralitoral landseitig in der Regel gegen den Seedeich an. Ausnahmen sind das unter Abbruch liegende Felskliff von Helgoland, Pleistozänaufragungen und Dünen auf den Inseln und fossile, in pleistozäne Sedimente eingeschnittene Kliffs bei Schobüll, Dangast und Sahlenburg. An der Ostsee begrenzen auf langen Strecken aktive Kliffe der Steilküsten bzw. heute meist technisch veränderte → Küstendünen der Flachküsten die schmale Supralitoralzone. In den Bodden und Haffen können fossile Kliffe und Steilküsten die landseitige Begrenzung der → Vorlandbildungen übernehmen.
In das Sedimentationsgeschehen entlang der Nordseeküste hat der Mensch bereits vor der Bedeichung eingegriffen, z.B. durch die Zerstörung von Auenwäldern entlang dem Unterlauf der Flüsse. Außerdem ist aus dieser Phase der Küstenentwicklung als spezielle anthropogene Bildung die → Wurt (→ anthropogene Bildungen) zu nennen. Durch Deichbauten und Entwässerung ist später die ehemals weit auseinandergezogene Übergangszone zwischen Meer und Land stark eingeengt worden. Deshalb fehlen für einige zu diesem Sedimentationsraum gehörige und vor der Bedeichung flächenhaft verbreitete geogene Einheiten die rezenten Gegenstücke. Dies gilt für einen Teil der → brackischen, insbesondere für die lagunären Ablagerungen. Küstenablagerungen, die durch die Bedeichung dem Gezeiten-und Brackwassereinfluss entzogen und in ihrem oberflächennahen Bereich vom Menschen mehr oder minder stark verändert worden sind, werden als → Marsch bezeichnet. An der reliefstärkeren und kaum gezeitenbeeinflussten Ostseeküste waren die anthropogenen Eingriffe zum Küstenschutz erheblich geringer, insbesondere hat die Bedeichung und Entwässerung sehr viel später eingesetzt. Marschen haben sich wegen weitgehend fehlender Gezeitenströme, Schwebstoffarmut des Wassers sowie nur kleinräumig vorhandener Landsenkungstendenzen nicht gebildet. Vorherrschende Vorlandbildungen sind hier → Überflutungsmoorbildungen, die expositionsbedingt im lagunären Milieu dominieren. Bei extensiver Beweidung haben sich daraus Salzwiesen entwickelt.
Literatur EHLERS, J. (2008): Die Nordsee. Vom Wattenmeer zum Nordatlantik. – 176 S.; Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft).
STREIF, H. (1990): Das ostfriesische Küstengebiet - Inseln, Watten und Marschen. – Sammlung Geologischer Führer, 57, 2. Aufl.: 376 S.; Berlin, Stuttgart (Borntraeger).
www.gpdn.de: Webseite des Projekts Geopotenzial Deutsche Nordsee.
LAMPE, R. (1994): Die vorpommerschen Boddengewässer - Hydrographie, Bodenablagerungen und Küstendynamik. – Die Küste, 56: 25–49.
LEMKE, W. & NIEDERMEYER, R.-O. (2004): Sedimente der Ostsee und der Bodden. – In: KATZUNG, G. (Hrsg.): Geologie von Mecklenburg-Vorpommern: 347–362; Stuttgart (Schweizerbart).
NIEDERMEYER, R.-O., LAMPE, R., JANKE, W., SCHWARZER, K., DUPHORN, K., KLIEWE, H. & WERNER, F. (2011): Die deutsche Ostseeküste. – Sammlung geologischer Führer, 105, 2. Aufl.: 370 S.; Stuttgart (Schweizerbart).
SCHWARZER, K. (1989): Sedimentdynamik in Sandriffsystemen einer tidefreien Küste unter Berücksichtigung von Rippströmen. – Berichte-Reports, Geologisch-Paläontologisches Institut und Museum, Christian-Albrechts-Universität Kiel, 33: 270 S.
Bearbeitung Erstbearbeitung: STREIF, H. & MENKE, B. (1986)
Überarbeitung: LAMPE, R., NIEDERMEYER, R.-O., SCHWARZ, C., KAUFHOLD, H., OBST, K. (2020)

Inspire Code
Genutzt für BoreholeML Nein
Begriffs-ID 1
Eltern-ID
Hierarchie 1
Änderungsdatum 12.03.2021

Link https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/5ef32bb9-fbc4-4088-9860-5ac48213a2e4
Excel https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/excel/5ef32bb9-fbc4-4088-9860-5ac48213a2e4
JSON https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/json/5ef32bb9-fbc4-4088-9860-5ac48213a2e4
CSV https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/csv/5ef32bb9-fbc4-4088-9860-5ac48213a2e4

Zur Liste 'Geogenetische Definitionen für Lockergesteine' zurück
Zitiervorschrift:
AG Geologie: Geologische Kartieranleitung, Meeres- und Küstenablagerungen; 04.09.2023.- Online im Internet: https://www.geokartieranleitung.de/Fachliche-Grundlagen/Genese-und-Geogenese/Geogenetische-Definition/Lockergesteine/entry/5ef32bb9-fbc4-4088-9860-5ac48213a2e4/mid/3427, Abrufdatum 19.04.2024 um 10:44 Uhr.
(Letzte Aktualisierung dieser Seite: Last update : 04.09.2023 10:21:46)
© AG Geologie