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Flussablagerungen

Liste Geogenetische Definitionen für Lockergesteine

Überbegriffe Fluss- und Seeablagerungen mit Vollformen > Fluss- und Seeablagerungen

Unterbegriffe Schmelzwasserablagerungen
Flussablagerungen, warmzeitlich oder periglazial

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Status gültig
Kürzel f
Erläuterung Süßwasserablagerungen durch Flüsse
Synonyme fluviatile Ablagerungen / Sedimente; Flussaufschüttungen (zur Weiterverwendung nicht empfohlen)

Kategorisierung petrogenetisch
Englisch fluvial sediments / deposits
Zusammensetzung / Merkmale Flussablagerungen setzen sich je nach Faziesbereich aus fein- bis grobklastischen Sedimenten in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen zusammen. Häufig handelt es sich um fluviatile Sequenzen, die mit Grobschüttungen beginnen und mit feinklastischen Sedimenten abschließen. Durch häufige Wechsel von Erosion und Akkumulation sind meist nur Ausschnitte dieser Sequenzen erhalten. In einer Abfolge von Flussablagerungen können sich diese Sequenzen mehrfach wiederholen.
Je nach Transportweg und Härte des Ausgangsgesteins treten in grobkörnigen Flussablagerungen mehr oder weniger gerundete, selten auch schwach kantengerundete Kieskomponenten auf. Je nach fluviatiler Faziesarchitektur sind Sortierung und Schichtung in Form von Horizontal-, Kreuz- oder Schrägschichtung typisch. Diese Schüttungstypen lösen sich horizontal und vertikal häufig kleinräumig ab. Aus der Einregelung von Kieskomponenten kann die Fließrichtung des fluviatilen Systems abgeleitet werden.

Flussablagerungen können durch drei Faziestypen beschrieben werden:
a) Geröll-, Roll- oder Bodenfrachtfazies (bedload facies)
b) Mischfrachtfazies (mixed load facies)
c) Suspensionsfrachtfazies (suspension load facies)


a) Geröllfrachtfazies besteht aus einem grobkörnigen, breiten Schotter- und Kieskörper mit wenig oder ohne Feinmaterial (Sohlpflaster) ohne Korngrößentrends im Profil. Die Fazies zeigt flache Foresets, planar bis planar-schräggeschichtet. Gerölle sind gekippt eingeregelt. In distaler Position zeigen sich geringere Korngrößen bei etwas breiterem Korngrößenspektrum, Groblagen an der Schichtbasis, fining-up Gradierung innerhalb der Schichten, planare bis leicht trogförmige Schrägschichtung. Vereinzelt tritt auch Rippelschichtung im oberen Teil einer Ablagerungssequenz auf, die meist wieder durch eine Groblage überdeckt wird.
b) Mischfrachtfazies zeigt ein breites Korngrößenspektrum: Es wird sowohl Kies und Sand am Rinnenboden mitgeführt, als auch Feinsediment in Suspension. Somit zeigt das Profil immer fining-up Zyklen, die von groben Rinnensedimenten über mittelkörnige Sande bis hin zu Feinklastika der Überflutungsflächen reichen. Im distalen Milieu unter geringeren Transportgeschwindigkeiten überwiegen die Feinsedimente, im proximalen Bereich die Grobklastika. Typisch sind Point-bar-Abfolgen, welche die Sedimentation von der Rinnenbasis über den Gleithang zur Aue hin abbilden: unten eine Basis-Groblage, gefolgt von planar geschichtetem Sand, dann trogförmig bis planar-schräggeschichtetem Sand; darüber oft trogförmig-schräggeschichtete Sande, teils mit Rippelschichtung, die in planare, schluffig-tonige Decksedimente (overbanks) übergehen können. Linsenschichtung (Sandlinsen in Feinsedimenten) ist ebenso möglich. Solche Abfolgen können mehrfach übereinandergeschichtet sein (verbunden mit teilweiser Aufarbeitung der oberen Lagen), oder mit Feinsedimenten der Aue wechsellagern. Letztere sind planar geschichtet oder ungeschichtet, können Lagen von Fossilien, organischem Detritus, Wurzelhorizonte, auch Mudden oder Torfe aus abgeschnürten Altwasserarmen enthalten oder von meist sandigen Dammbruch-Lagen (crevasse-splay) unterbrochen sein.
c) Bei der Suspensionsfracht dominieren Feinsande, Schluffe und Tone, die aus gleichmäßig und langsam fließendem Wasser abgesetzt werden. Die Sedimente sind meist ungeschichtet oder horizontal geschichtet, Kies fehlt, Sand kennzeichnet die Rinnenbasis, oft in aggradierenden Lagen mit planarer oder trogförmiger Schichtung, die nach oben in Rippelschichtung übergehen kann. Fossilien können sowohl in Rinnensedimenten, als auch in Hochflutsedimenten enthalten sein; Pflanzendetritus oder humose Anteile sind häufig. In lateral weit aushaltenden dünnschichtigen Hochflutlagen (overbank fines) können Horizonte mit Wurzelspuren und Mudde- bis Torflagen auftreten. Die Feinklastika der Auen überwiegen im Profil. Sie sind teilweise pedogen überprägt.
Entstehung zu a) Bei starkem Längsgefälle in proximaler Position entwickeln sich breite und flache Flussbetten. Innerhalb des recht stabilen Flussbetts, fließt das Wasser in sich ständig verlagernden, jedoch gering gebogenen Rinnen ab, zwischen denen die grobkörnige Geröllfracht in vielen flachen Barren (verschiedene Typen von Kiesbänken, kleine Inseln) liegen bleibt. Deren Weite/Tiefe-Quotient liegt > 40. Feinklastisches Material wird ausgespült. Häufig sind longitudinale Barren parallel zur Strömungsrichtung (Rust 1972; Collinson 1986), mit trogförmiger und planarer Schrägschichtung. Am stromabwärtigen Ende der Kiesbarren kommt es zur Eintiefung (scour pools). Die einzelnen Barren migrieren lateral und langsam flussabwärts. Mit abnehmendem Gefälle (Richtung distal) nimmt die Korngröße der Geröllfracht insgesamt ab, die Breite des Korngrößenspektrums zu, weil die Abflussdynamik stark schwankt. Die Kies- und Sandbarren liegen schräg bis quer zur Fließrichtung (transversale und linguidale Barren) und lagern vorwiegend lateral an, die Sedimentation bleibt aber hauptsächlich auf das Flussbett beschränkt.
zu b) Bei mittlerem Längsgefälle entstehen stabile, mehr oder weniger stark gekrümmte Flussläufe (mäandrierende Flüsse), die nur eine einzelne Rinne haben. Diese Rinne verlagert sich lateral, indem am Prallhang erodiert wird, wohingegen am Gleithang sedimentiert wird. Dadurch bewegt sich die Rinne lateral zur Fließrichtung durch die Auen. Je nach durchschnittlicher Transportkraft und Ablagerungsraum überwiegen die Rinnen- (eher proximal) oder die Auen- bzw. Hochflutsedimente (eher distal).
Die Transportkraft des Flusses wechselt je nach Position in der Rinne: An der Basis sind die Fließgeschwindigkeiten hoch, ebenso am Steilufer des Prallhangs, dagegen am Ufer des Gleithangs gering. Durch die Erosion am Prallhang und das Wandern der Rinnen kann es zum Durchbrechen einzelner Mäander kommen, so dass stillgelegte Rinnenabschnitte als Altarme bzw. Altwasser(seen) (oxbow-lakes) übrigbleiben. In diesen abgeschnürten Stillgewässern wird nur noch Feinsediment abgesetzt, sie verlanden langsam, es entstehen Tümpel und Sümpfe.
zu c) Bei geringem Längsgefälle in distaler Position entwickeln sich aus stark gebogenen Mäandern Flussläufe mit netzförmig verbundenen Rinnen (anastomosierender Fluss), die sehr weite Ebenen durchströmen. Die einzelnen Rinnen sind sehr stabil, die Fließgeschwindigkeit ist gering. Im Verhältnis zur Breite sind die Rinnen tief (Weite/Tiefe-Quotient < 10).
Die Erosionskraft in den Flussrinnen ist sehr gering, so dass Sedimentation auch an der Gerinnesohle stattfinden kann (Aggradation) und meist die Rinnen begrenzende Uferwälle (levee) ausgebildet sind. Bricht ein solcher Wall bei hoher Wasserführung, wird meist sandiges Material in die Auen gespült. Es bilden sich kleine sandige Fächer aus Dammbruch-Sedimenten (crevasse splay), während es bei normal starken, häufig auftretenden Überflutungen der breiten Auenflächen zur Ablagerung von Schluff- und Tontrübe kommt (overbank fines). Zwischen den Rinnen gibt es häufig Sumpfgebiete mit entsprechend anoxischen Verhältnissen im Sediment (Bildung von anmoorigen Ablagerungen bis Torf).
Bildungsprozess fluvial
durch Überflutung (alluvial)
Bildungsraum • fluviatil
Überschwemmungsbereich
Uferrand eines Fließgewässers
Bett eines Fließgewässers
Uferbank
Bildungsmilieu • fluviatiles Stillwasser
• fluviatiles Bewegtwasser
Abgrenzung
  • Seeablagerungen sind meist feinerkörnig und weisen – soweit warmzeitlich – oft höhere Gehalte an organischer Substanz oder biogenen Resten auf. Flussablagerungen verzahnen sich im Übergangsbereich zu Seen mit limnischen Sedimenten.
Anmerkung Die Bezeichnung Flussablagerungen soll als Überbegriff sämtliche fluviatilen Ablagerungen einschließlich der Schmelzwasserablagerungen in Flüssen umfassen und beinhaltet somit auch die Ablagerungen kleinerer Fließgewässer (Bachablagerungen).
zu a) Flüsse, die durch Geröllfracht gekennzeichnet sind, bilden sich nahe des Liefergebiets in proximaler Position. Ebenso in intramontanen Tälern, wo durch Talweitung eine Verringerung der Transportdynamik zur Ablagerung des transportierten Materials führt. In Engtälern wird dagegen erodiert. Öffnet sich dagegen die Landschaft bei weiterhin starkem Gefälle, nehmen verflochtene Flüsse (braided river) oft den gesamten Talboden ein, weil durch die zwar wechselhafte, jedoch über die Zeit betrachtet stete Sedimentation die einzelnen Rinnen laufend zugeschüttet werden und so über den Talboden lateral migrieren.
Ein Extremfall ist ein Schichtflutereignis, wo in sehr kurzer Zeit so viel Wasser und Sediment angeliefert wird, dass es zu weiten Überschwemmungen kommt, und in der Fläche die Grobklastika liegen bleiben, während alles feinere Material weggeschwemmt wird. Solche Ereignisse hinterlassen Kiesteppiche.
Flusstypen, bei denen die Geröllfracht dominiert, werden als verflochtener Fluss, verzweigter Fluss, verwilderter Fluss oder auch als Zopfstrom (braided river) bezeichnet.
zu c) Flüsse, die durch Suspensionsfracht gekennzeichnet sind, bilden stark mäandrierende bis noch häufiger anastomosierende Rinnenläufe. Sie bilden sich in distaler Position, also weit weg vom Liefergebiet, bei sehr geringem Gefälle und nehmen inklusive ihrer Überflutungsflächen sehr weite Areale ein.
Literatur ASLAN, A. (2013): Fluvial Environments – Sediments. – In: ELIAS, S. A. & MOCK, C. J. (Hrsg.): Encyclopedia of Quaternary Science, Volume 1: 663–675; Amsterdam (Elsevier).
COLLINSON, J. D. (1986): Chapter 3, Alluvial Sediments. In: READING, H. G. (Hrsg.): Sedimentary Environments and Facies: 20–62, Oxford (Blackwell).
EINSELE, G. (1992): Sedimentary Basins: Evolution, Facies and Sediment Budget. – 628 S.; Heidelberg (Springer).
GALLOWAY, W. E. & HOBDAY, D. K. (1983): Terrigenous Clastic Depositional Systems. Application to Petroleum, Coal, and Uranium Exploration. – 423 S.; Heidelberg (Springer).
KLOSTERMANN, J. (2009): Das Klima im Eiszeitalter. – 260 S.; Stuttgart (Schweizerbart).
LEWIS, G. L. & MADDY, D. (1999): Description and Analysis of Quaternary Fluvial Sediments: a Case Study from the Upper River Thames, UK. – In: JONES, A. P., TUCKER, M. E. & HART, J. K. (Hrsg.): The Description & Analysis of Quaternary Stratigraphic Field Sections: 111–135; Technical Guide 7, London (Quaternary Research Association).
MIALL, A. D. (1985): Architectural Elements and bounding Surfaces: A new method of facies analysis applied to fluvial deposits. – Earth-Science Reviews, 22: 261–308.
RUST, B. R. (1972): Structure and process in a braided river. – Sedimentology, 18: 221–245.
SCHÄFER, A. (2005): Klastische Sedimente. – 414 S.; München (Elsevier).
SCHUMM, S. A. (1977): The fluvial System. – 338 S.; London (Wiley).
STAUDE, H.: Bach- und Flußablagerungen. – In: HINZE, C., JERZ, H., MENKE, B. & STAUDE, H. (1989): Geogenetische Definitionen quartärer Lockergesteine für die Geologische Karte 1 : 25 000 (GK 25). – Geologisches Jahrbuch, A 112: 11–15.
Bearbeitung Erstbearbeitung: STAUDE, H. (1984)
Neubearbeitung: WIELANDT-SCHUSTER, U., HOSELMANN, C., DOPPLER, G., FRANZ, M. (2019)

Abbildung 1
Warmzeitlicher Flussschotter des mittelholozänen Lech (Kiesgrube N Kolonie Hurlach bei Kaufering, BY, Foto: G. DOPPLER, 2008)
Abbildung 2
Flussschotter der Gänserndorfer Terrasse (Hochterrasse) der Donau mit Verwürgungen in einem Permafrosthorizont (Kiesgrube Haindl bei Markgrafneusiedl, Wien, Foto: G. DOPPLER, 2014)
Abbildung 3
Völlig durchverwitterter Schmelzwasserschotter der biberzeitlichen Ur-Iller (Tongrube W Königshausen bei Schwabmünchen, BY; Foto: G. DOPPLER, 2014).
Abbildung 4
Mosbacher Sande: Flussablagerungen von Rhein und Main (Wiesbaden-Amöneburg, HE, Foto: C. HOSELMANN, 2019)
Abbildung 5
Flussablagerungen der Mittelrhein-Hauptterrassen-Formation, diskordant auf tertiärem Basalt (Kiesgrube Kasbach-Ohlenberg, RP, Foto: C. HOSELMANN, 2013.

Inspire Code
Genutzt für BoreholeML Nein
Begriffs-ID 71
Eltern-ID 32
Hierarchie 3
Änderungsdatum 29.03.2021

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Zitiervorschrift:
AG Geologie: Geologische Kartieranleitung, Flussablagerungen; 04.09.2023.- Online im Internet: https://www.geokartieranleitung.de/Fachliche-Grundlagen/Genese-und-Geogenese/Geogenetische-Definition/Lockergesteine/entry/754fee98-cbb7-43cf-a1a5-8ae2f1786fd1/mid/3427, Abrufdatum 18.05.2024 um 06:31 Uhr.
(Letzte Aktualisierung dieser Seite: Last update : 04.09.2023 10:21:46)
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