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Os, Oser (pl.)

Liste Geogenetische Definitionen für Lockergesteine

Überbegriffe Gletscherablagerungen und glazigene Vollformen > glazigene Vollformen

Unterbegriffe Aufschüttungs-Os
Aufpressungs-Os

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Status gültig
Kürzel OS
Erläuterung Langgestreckte, teils gewundene, schmale, oft dammartige Vollform aus Schmelzwassersedimenten, die meist durch Akkumulation in sub- und englazialen Schmelzwasser-Abflussbahnen bei stagnierendem Eis entstanden ist.
Synonyme Esker, Wallberg, Ås

Kategorisierung geomorphologisch
Englisch esker
Zusammensetzung / Merkmale Oser sind langgestreckte, teils gewundene, schmale, oft bahndammartige Vollformen. Gewöhnlich treten sie in Niederungsbereichen wie Tunneltälern oder in Grundmoränenebenen auf. In steilerem Relief, z. B. im Alpenvorland, treten sie auch als perlschnurartig gereihte Hügelketten auf.
Oser bestehen vorwiegend aus Schmelzwassersedimenten, die sehr variabel aufgebaut sein können. Im alpinen Vereisungsgebiet bestehen Oser in der Regel aus mäßig gut sortierten, meist schlecht gerundeten Grobsedimenten. Im norddeutschen Vereisungsgebiet bestehen Oser oft aus sehr grobkörnigen Sanden und Kiesen mit Steinen und Blöcken, die gut gerundet sind. Daneben können auch diamiktische und meist linsenförmige, sandige Einschaltungen vorkommen. Till tritt in Form von Schollen und Lagen im Os-Körper selbst oder als Bedeckung von Osern auf. Auch ein breites Spektrum an Schichtungselementen kommt vor. Die Grobsedimente sind oft planar geschichtet, seltener massig, z. T. zeigen die Komponenten Dachziegellagerung. Bei den Sanden tritt planare und trogförmige Schrägschichtung auf, oft gekappt von gröberen Lagen.
Im Erscheinungsbild überwiegen langgestreckte Einzelformen, untergeordnet kommen auch verzweigte bis anastomosierende Formen, perlschnurartig gereihte Hügelketten oder Oser mit flacher Oberfläche und kastenförmigem Querschnitt sowie Parallel-Oser vor.
In deutschen Glazialgebieten erreichen Oser in der Längserstreckung wenige hundert Meter bis wenige Kilometer. Die Breite an der Sohle beträgt einige Meter bis wenige Zehnermeter bei einer Höhe von einigen Metern bis wenigen Zehnermetern. Aus Skandinavien, Irland oder dem nordamerikanischen Vereisungsgebiet sind dagegen wesentlich größere Formen von mehreren hundert Kilometern Länge und einigen Zehner Metern Höhe bekannt.
Entstehung Oser entstehen normalerweise durch Akkumulation in sub- und englazialen Schmelzwasser-Abflussbahnen bei stagnierendem Eis. Die in aktivem Eis gebildeten Oser sind nur in Ausnahmefällen erhaltungsfähig (EHLERS 2011). An der Gletschersohle kann die „Abflussrinne“ dem Untergrund ganz oder teilweise folgen, stellenweise auch eingeschnitten sein; es kann sich aber auch um einen ganz im Eis liegenden „Abflusstunnel“ handeln.
Da Schmelzwasser unter hydrostatischem Druck steht, kann es z. T. auch aufwärts fließen (GRUBE 2011). JOHANSSON (1994) beschreibt Oser aus subglazialen Spaltenfüllungen, die der Bruchrichtung des Untergrundes folgen. Sie sind aus gut sortierten Schmelzwasserkiesen aufgebaut und erreichen trotz einiger Zehner Kilometern Länge nur eine geringe Höhe von unter 20 m.
Wechselnde Fließregimes mit Sedimentation, Erosion und Umlagerung führen oft zu einem sehr variablen Aufbau der Oser. Till-Bedeckung weist auf die subglaziale Genese hin. Interne Verstellungen gehen auf glazitektonische Stauchungen, Setzungen aufgrund des Niedertauens des umgebenden, stabilisierenden Eises, auf Austauen von Toteis usw. zurück.
Neben den typischen (Aufschüttungs-)Osern kommen Aufpressungs-Oser vor, die zumindest zum Teil aus Material bestehen, das aus dem Untergrund hochgepresst wurde (z. B. Till).
Bildungsprozess • glazifluviatil
Bildungsraum subglazial
• englazial
Bildungsmilieu glaziär
Abgrenzung
  • Kame: Hügel und Rücken in der Eiszerfallslandschaft, die durch Akkumulation auf oder zwischen Toteis entstanden sind.
  • Endmoräne: Höhenrücken, der an der Front positionsstabiler Gletscher durch Ablagerung mitgeführten Schutts und/oder Stauchung entstanden ist.
Anmerkung Os ist die eingedeutschte Form des schwedischen Wortes „ås“, das mit Höhen- oder Bergrücken übersetzt werden kann. Der international gebrauchte Begriff Esker kommt vom irischen „eiscir“, was einen Höhenrücken zwischen zwei tieferliegenden Ebenen bezeichnet.
Oser bestehen überwiegend aus Schmelzwasserablagerungen. Da aber ihre geomorphologische Ausprägung und zum Teil auch das Interngefüge an den unmittelbaren Eiskontakt gebunden sind, erfolgt die Zuordnung zu den glazigenen Vollformen.
Literatur BENNETT, M. R. & GLASSER, N. F. (1996): Glacial Geology – Ice Sheets and Landforms. − 364 p.; Chichester (Wiley & Sons).
BRENNAND, T. (1994): Macroforms, large bedforms and rhythmic sedimentary sequences in subglacial eskers, south-central Ontario: implications for esker genesis and meltwater regime. – Sedimentary Geology, 91(1–4): 9–55.
EHLERS, J. (2011): Das Eiszeitalter. – 363 S.; Heidelberg (Spektrum).
GRUBE, A. (2011): Zur Struktur von Eskern in Schleswig-Holstein, unter besonderer Berücksichtigung des „Esker-Kames-Systems Forst Steinburg“ in morphologischer Hochlage. – E&G Quaternary Science Journal, 60 (4): 425–433; Hannover.
JOHANSSON, P. (1994): The subglacially engorged eskers in the Lutto river basin, northeastern Finnish Lapland. – In: WARREN, W. P. & CROOT, D. G. (eds.): Formation and Deformation of Glacial Deposits: 89–94. Rotterdam (Balkema).
KELLER, G. (1952): Beitrag zur Frage Oser und Kames. – Eiszeitalter und Gegenwart, 2: 127–132.
LUNDQVIST, J. (1979): Morphogenetic classification of glaciofluvial deposits. – Sveriges Geologiska Undersokning, Avhandlingar och Uppsatser, 73 (8): 3–72.
SHREVE, R.L. (1985): Esker characteristics in terms of glacier physics, Katahdin esker system, Maine. − Geological Society of America, Bulletin 96: 639–646; Boulder.
SCHREINER, A. (1992): Einführung in die Quartärgeologie. – 257 S.; Stuttgart (Schweizerbart).
https://de.wikipedia.org/wiki/Os_(Landschaft); Stand August 2015
Bearbeitung Erstfassung: EHLERS, J.; Mai 1985
Überarbeitung: WIELANDT-SCHUSTER, U., ELLWANGER, D., DOPPLER, G., HERMSDORF, N. & GRUBE, A.; März 2019

Abbildung 1
Os von Cismar (Schleswig-Holstein; Foto: A. GRUBE, 2010)
Abbildung 2
Os bei Rerik/Zweedorf mit ehemaligen Kiesgruben im Vordergrund (Mecklenburg-Vorpommern; Blickrichtung: NW; Breite des Oszuges ca. 15 m; Foto: A. BÖRNER, 2013).
Abbildung 3
Grobe glazifluviale Füllung eines subglazialen Os-Kanals mit randlich abgesunkener „Tilldecke“ (NEL-Gastrasse bei Klein Roge/Güstrow, Mecklenburg-Vorpommern; Höhe der exponierten Aufnahmewand ca. 3,2 m; Foto: A. BÖRNER, 2011).
Abbildung 4
Os des würmzeitlichen Isar-Loisach-Vorlandgletschers (W Iffeldorf, Bayern; Foto: Geotopkataster 190R017, U. LAGALLY, BayGLA, 1986).
Abbildung 5
Os des würmzeitlichen Isar-Loisach-Vorlandgletschers (W Unterenzenau bei Bad Heilbrunn, Bayern; Foto: Geotopkataster 173R041, S. GLASER, BayGLA, 2004).
Abbildung 6
Hillshade der Toteislandschaft des würmzeitlichen Isar-Loisach-Vorlandgletschers mit mehreren Os-Rücken (Osterseen W Iffeldorf, Bayern; Geobasisdaten: © Bayerische Vermessungsverwaltung; Bildhöhe entspricht ca. 1,1 km).
Abbildung 7
Os von Hoppegarten im DGM; Brandenburg (Geobasisdaten © GeoBasis-DE/LGB (2017), GB-W 13/17).

Inspire Code
Genutzt für BoreholeML Ja
Begriffs-ID 117
Eltern-ID 302
Hierarchie 3
Änderungsdatum 01.12.2020

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Zitiervorschrift:
AG Geologie: Geologische Kartieranleitung, Os, Oser (pl.); 04.09.2023.- Online im Internet: https://www.geokartieranleitung.de/Fachliche-Grundlagen/Genese-und-Geogenese/Geogenetische-Definition/Lockergesteine/entry/c98134bb-a62e-49f3-9574-e8589479f4f4/mid/3427, Abrufdatum 18.05.2024 um 11:49 Uhr.
(Letzte Aktualisierung dieser Seite: Last update : 04.09.2023 10:21:46)
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