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Beckenablagerungen

Liste Geogenetische Definitionen für Lockergesteine

Überbegriffe Fluss- und Seeablagerungen mit Vollformen > Fluss- und Seeablagerungen > Seeablagerungen

Unterbegriffe feinklastische Beckenablagerungen
Beckensand
Vorschütt-Beckenablagerungen
Nachschütt-Beckenablagerungen
Beckenablagerungen in Gletscherhohlräumen
Eisstau(becken)ablagerungen
Stauschotter

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Status gültig
Kürzel gl
Erläuterung Kaltzeitliche Seeablagerung unter starker Zufuhr von Gletscherschmelzwässern
Synonyme glazilimnische bzw. glazilakustrine Ablagerungen, (Eis-) Stau(see)-Ablagerungen

Kategorisierung petrogenetisch
Englisch glaciolimnic deposits, glaciolacustrine deposits
Zusammensetzung / Merkmale Beckenablagerungen bestehen häufig aus Schluffen bis Feinsanden, seltener aus Tonen oder nahe der Einmündung von Fließgewässern (→ Deltaablagerungen) auch Sanden, ggfs. mit Kiesführung. Die Sedimente der Schmelzwasserseen können massig, aber auch feingeschichtet auftreten (Bänderton/-mergel). Typisch sind vereinzelt eingestreute gröbere Komponenten (Dropstones) oder in Linsen und Lagen angereicherte diamiktische Sedimente. Im Bereich von Dropstones zeigen sich z. T. noch die Einschlagsstrukturen im ehemals weichen Sediment, während sich jüngere Schichten der Form des Körpers anpassen, bis dieser wieder vollständig überdeckt ist. Beckenablagerungen in Süddeutschland sind meist karbonatreich, in Norddeutschland meist karbonatführend.
Aufgrund der lithologischen Zusammensetzung bzw. der Genese können u.a. folgende Varianten von Beckenablagerungen unterschieden werden:
  • Beckensand: Feinsand, schluffig, schwach mittelsandig; oft Kleinrippelschichtung mit flach einfallenden, überwiegend fast ebenen, dünnen Schrägschichtungsblättern; manchmal in einer oder beiden senkrechten Schnittebenen trogförmig. 
  • Beckenschluff: Schluff, wechselnd tonig oder feinsandig; ohne deutliche Schichtung, gröbere Korngrößen selten. 
  • Beckenton: Ton, meist schluffreich, gröbere Korngrößen selten; ohne deutliche Schichtung. 
  • Bänderton/-mergel: Ton, lagenweise mit hohem Anteil von Schluff, z. T. feinsandig, gröbere Korngrößen selten; deutlich feingeschichtet (laminiert). Hellen, feinsandig-schluffigen Lagen stehen überwiegend dunkle, schluffig-tonige, selten auch schwach organische Lagen gegenüber. Die rhythmische Schichtung zeigt eine fining-up-Gradierung von grob nach fein, mit scharfer Grenze zur jeweils überlagernden gröberen Lage. Karbonatreicher (> 10 % CaCO3) Bänderton wird als Bändermergel bezeichnet. Bändertone/-mergel mit Jahresschichten werden als Warventon bezeichnet. 
  • Eisstau(becken)ablagerungen: meist grobschuttreiche Ablagerungen in eisgedämmten alpinen Seitentälchen.
  • Stauschotter: vorwiegend aus Schmelzwasserschotter; überwiegend Kies bis -blöcke, z. T. eckiger Schutt, wechselnd sandig, schluffig, massig oder mit grober Schrägschichtung (Deltaschichtung).
Entstehung Beckenablagerungen kommen in stehenden Gewässern bei starker Zufuhr von Gletscherschmelzwässern zum Absatz. In Deutschland bildeten sie sich während der pleistozänen Kaltzeiten in Hohlformen, die oft einseitig durch Gletscher oder ihre Ablagerungen abgedämmt wurden bzw. nach dem Rückschmelzen in den durch Gletschererosion entstandenen, übertieften Hohlformen. Seltener erhalten sich auch Stillwasserablagerungen, die unter aufgeschwommenen Gletschern, in Kanälen in oder auf dem Eis entstanden sind.
Unter Stillwasserbedingungen setzen sich feinere Korngrößen (Ton bis Feinsand) ab, die vor allem in der turbulenten Strömung von Schmelzwasserflüssen, untergeordnet aber auch von periglazialen Bächen und Flüssen antransportiert werden. Die Art der Ablagerung durch Über- oder Unterschichtung hängt vom Dichteverhältnis des einströmenden Schmelzwassers zum Seewasser ab. Vereinzelt auftretende oder in Linsen mit feinerer Matrix angereicherte gröbere Partikel sind meist mit Eisschollen oder Eisbergen verdriftet und durch Ausschmelzen abgeregnet (Eisdriftgeschiebe, dropstones) oder von kippenden Eisbergen abgeglitten. Soweit größere Geschiebe aus erheblicher Wasserhöhe hinunterfallen, drücken sie sich in das noch weiche Sediment ein. Über die umgebende Sedimentoberfläche hinausragende Eisdriftablagerungen werden von den feineren, normalen Beckenablagerungen erst allmählich wieder überdeckt.
Kaltzeitliches Klima, starke Materialzufuhr und eingeschränkte Belichtung durch Gletschertrübe bieten Tieren und Pflanzen so schlechte Lebensbedingungen, dass sie keinen nennenswerten Anteil an den Beckenablagerungen erlangen. Seltene Lagen mit organischer Substanz sind möglicherweise durch Umlagerung entstanden.
Beckensand wird bei langsamer Strömung oder turbulenten Ereignissen (verstärkter Schmelzwasseranfall) abgesetzt. Beckenschluff und -ton kommen bei abnehmender Strömungsgeschwindigkeit in den distalen Bereichen der Becken zur Ablagerung. Vorkommen von Beckensand zwischen Beckenschluff bzw. -ton zeichnen Bereiche stärkerer Wasserbewegung im Becken nach, z. T. bilden sie langgestreckte Strömungsrinnen. Daneben kommt es zur Ablagerung auch gemischtkörniger Sedimente, die aus vom Eis abfließenden oder sich an instabilen Beckenflanken entwickelnden Suspensionsströmen hervorgehen.
Der rhythmische Wechsel abgelagerter Korngrößen bei Bänderton oder Bändermergel entsteht durch periodisch oder episodisch unterschiedlichen Wasserzustrom, z. B. durch jahres- oder tageszeitlich unterschiedlichen Schmelzwasseranfall. Die hellen, feinsandig-schluffigen Lagen entstehen dabei bei stärkerer Durchströmung, die dunkleren, schluffig-tonigen Lagen bei geringerem Wasseranfall. Wegen der weitestgehend fehlenden Bioturbation in den Beckenablagerungen bleibt die Feinschichtung oft erhalten. Repräsentiert die dunkle Lage das Winterhalbjahr mit geringem Schmelzwasseranfall, die helle das Sommerhalbjahr mit hohem Schmelzwasserzufluss, spricht man von einer Warve. Warventone geben also Jahresschichten wieder.
Bildungsprozess • glazilakustrin
Bildungsraum • proglazial (eismarginal oder –distal)
• z. T. auch subglazial
Bildungsmilieu glaziär
Abgrenzung
  • Hochflutablagerungen sind karbonatfreie oder –arme, feinkörnige Überschwemmungsablagerungen von Flüssen und Bächen. 
  • Schmelzwasserablagerungen (in Flüssen) sind überwiegend gröberkörnig und verschiedenartig geschichtet. 
  • warmzeitliche oder periglaziale Seeablagerungen (z. B. Mudden) unterscheiden sich von kaltzeitlichen Beckenablagerungen vor allem durch das Auftreten organischer und sonstiger biogener Reste. Auch in periglazialen Seeablagerungen können solche Reste auftreten. Im Alpenvorland fehlt periglazialen Seesedimenten häufig das für Gletscherschmelzwässer typische, frische karbonatreiche Material.
Anmerkung Die Beteiligung organischer Substanz (humos bis torfig, Pflanzenreste) kennzeichnet Unterbrechungen oder das Ende der kaltzeitlichen Beckensedimentation.
Bekannte Beispiele von Beckenablagerungen sind u. a. der spätelsterzeitliche Lauenburger Ton Norddeutschlands oder der frühwürmzeitliche Baumkirchener Bänderton des Tiroler Inntals.
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Bearbeitung Erstbearbeitung: HINZE, G. & MERKT, J. (1985)
Neubearbeitung: DOPPLER, G. (2019)

Abbildung 1
Geringmächtige Beckenablagerungen (Bildhöhe ca. 50 cm) in einer Rinne in hochwürmzeitlichen Schmelzwasserschottern mit massigem Beckenschluff mit Dropstone (?) überdeckt von einer Wechsellagerung aus Schluffmergeln und Feinsanden, z. T. mit Rippelschichtung, nach oben übergehend in massigen Fein- bis Mittelsand (Kiesgrube S Brunnthal bei Garching a. d. Alz, BY, Foto: G. DOPPLER, 2010)
Abbildung 2
Würmzeitliche, geschichtete Beckenablagerungen aus einer durch Setzungsvorgänge gestörten Wechsellagerung von Schluffmergeln bis Feinsanden mit Schotter-Zwischenlagen (Baugrube in Tutzing am Starnberger See, BY, Foto: G. DOPPLER, 2014)
Abbildung 3
Beckenablagerungen der Weichselkaltzeit, synsedimentär gestört. (Stockelsdorf bei Lübeck, SH, Foto: A. GRUBE, 2005)
Abbildung 4
Feinsedimente eines glazialen Stausees mit zwei Lagen, die von slumping betroffen sind (Großschönach, BW, Foto: U. WIELANDT-SCHUSTER, 2011).
Abbildung 5
Schräggeschichtete Feinsedimente (Kiesgrube Hardt, Orsingen, BW, Foto: U. WIELANDT-SCHUSTER, 2017).
Abbildung 6
Laminierte Feinsedimente (Kiesgrube Hardt, Orsingen, BW, Foto: U. WIELANDT-SCHUSTER, 2017).

Inspire Code
Genutzt für BoreholeML Nein
Begriffs-ID 55
Eltern-ID 33
Hierarchie 4
Änderungsdatum 23.01.2023

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Excel https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/excel/5f286b58-5444-4ed0-9d5f-5a50d39af7a1
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Zitiervorschrift:
AG Geologie: Geologische Kartieranleitung, Beckenablagerungen; 04.09.2023.- Online im Internet: https://www.geokartieranleitung.de/Fachliche-Grundlagen/Genese-und-Geogenese/Geogenetische-Definition/Lockergesteine/entry/5f286b58-5444-4ed0-9d5f-5a50d39af7a1/mid/3427, Abrufdatum 16.05.2024 um 18:32 Uhr.
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