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Seeablagerungen, warmzeitlich oder periglazial

Liste Geogenetische Definitionen für Lockergesteine

Überbegriffe Fluss- und Seeablagerungen mit Vollformen > Fluss- und Seeablagerungen > Seeablagerungen

Unterbegriffe Mudde
Seekreide
feinklastische Seeablagerungen
Seesand
Seeuferablagerungen
Altwasserablagerungen

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Status gültig
Kürzel ln
Erläuterung Süßwasserablagerungen in Seen und Altwasserarmen von Flüssen
Synonyme limnische (lakustrine) Sedimente (warmzeitlich oder periglazial), Limnite (warmzeitlich)

Kategorisierung petrogenetisch
Englisch interglacial/periglacial lake / lacustrine deposits (sediments)
Zusammensetzung / Merkmale Seeablagerungen (warmzeitlich oder periglazial) sind sämtliche limnischen Ablagerungen einschließlich der Ablagerungen in Tot- und Altwasserarmen von Flüssen, ausgenommen glazilakustrine → Beckenablagerungen und → Seeuferablagerungen, die im warmzeitlichen oder periglazialen, aber auch glazilakustrinen Bereich auftreten.
Warmzeitliche oder periglaziale Seesedimente setzen sich aus klastischen, biogen/chemischen (kalkigen oder kieseligen) und/oder organischen Ablagerungen zusammen. Die Sedimente sind vorwiegend feinkörnig, in Bereichen mit bewegtem Wasser, z. B. im ufernahen Flachwasser mit Wellenbewegung oder vor Flussmündungen (→ Deltaablagerungen) auch gröberkörnig (Sand bis Kies).
In Abhängigkeit von Zusammensetzung (Korngröße u. a.) und Bildungsbedingungen sind Seeablagerungen schichtungslos bis undeutlich geschichtet, auch gradiert (v. a. fining up), seltener feingeschichtet (Warven, bituminöse Laminite). Daneben sind die bereits unter → Seeablagerungen aufgeführten Gefügemerkmale, Strukturen und Marken möglich.
Die Tätigkeit sedimentbewohnender Organismen in warmzeitlichen, aber auch periglazialen Seen führt zu unterschiedlich ausgeprägter Bioturbation, sowohl tierischen als auch pflanzlichen Ursprungs, und damit zur Störung bis vollständigen Auflösung ursprünglicher Schichtungsmerkmale. Wegen der günstigen Lebensbedingungen sind solche Seeablagerungen häufig reich an Resten von Süßwasser-Organismen: Pflanzen (Algen, Wasser- und Sumpfpflanzen), Phytoplankton (Diatomeen), Süßwasserschnecken und -muscheln, Ostracoden, Wirbeltierreste sowie Spuren(fossilien). Je nach Korngröße sowie Art und Menge enthaltener Fossilien kann eine deutliche Porosität auftreten (z. B. Diatomeen).
Häufig ist eine vertikale Dreigliederung zu erkennen: Über grobklastischen Basisschichten folgen feinklastisch-bituminöse Laminite, die von fein- bis gröberklastischen, nicht laminierten Sedimenten, in ufernahen Bereichen z. T. mit Übergang zu einer Vermoorung überdeckt werden.
Entstehung Die hier behandelten Seeablagerungen werden unter Wasserbedeckung in stehendem bis langsam fließendem Süß- oder Brackwasser, bei warmzeitlichem oder auch kaltzeitlichem Klima abgelagert. Abhängig von der Nährstoffversorgung ermöglichen temperierte Klimabedingungen zumeist die Entwicklung eines reichen Wasserlebens. Auch bei kaltzeitlichen Seen im Periglazialbereich lässt das Fehlen stark sedimentbelasteter Gletscherschmelzwässer die sommerliche Ausbreitung von Organismen zu.
Von den durch Flüsse eingetragenen Sedimenten werden im Seebecken im Wesentlichen nur die Feinklastika durch schwache Strömungen weiterverteilt. Der Schwebstoffeintrag unterliegt jahreszeitlichen Schwankungen und ist im Frühjahr (Schneeschmelze) vorwiegend mineralisch-klastisch, im Sommer stärker biogen geprägt und infolge Karbonatfällung kalkig, im Herbst/Winter durch Blaualgen-Aktivität tonig-bituminös. Dadurch kann eine ausgeprägte Feinschichtung entstehen. Die Tätigkeit sedimentbewohnender Organismen führt zu Bioturbation und damit zur Störung bis völligen Auslöschung von Schichtungsmerkmalen.
Für die nicht biogene Entstehung von weiteren Sedimentgefügen, -strukturen und -marken gelten die unter → Seeablagerungen aufgeführten Bedingungen.
Bildungsprozess aquatisch-klastisch
• chemisch-sedimentär (z.T. biogen)
turbiditisch
durch Verlandung von Altarmen
rutschend oder gleitend
durch Schutt- und Schlammstrom transportiert
Bildungsraum lakustrin
periglazial-lakustrin
Bildungsmilieu • Süßwasser
• evtl. Brackwasser
• Stillwasser
• warmzeitlich oder periglazial-kaltzeitlich
• ggfs. anoxisch
• sapropelitisch
Abgrenzung
  • Seeuferablagerungen bestehen aus gröberen Sanden bis Kiesen. 
  • Beckenablagerungen unterscheiden sich vor allem durch den weitestgehend fehlenden organischen bzw. biogenen Anteil. 
  • Flussablagerungen, auch wo sie als → Deltaablagerungen in Seen münden, sind meist gröberkörnig (Sand- und Kies-dominiert) und weisen in der Regel geringere Gehalte an organischer Substanz und tierischen Resten auf. 
  • Meeresablagerungen sind vor allem durch das Vorkommen mariner Organismen, ggfs. auch das Fehlen jahreszeitlicher Kleinzyklen unterscheidbar. Auch der ursprüngliche höhere Salzgehalt kann sich im Sediment oder Porenwässern erhalten haben.
Anmerkung Warmzeitliche Seeablagerungen haben ihre größte Verbreitung an der Erdoberfläche in heute noch bestehenden Seen. Entsprechende Ablagerungen aus vergangenen Interglazialen sind vergleichsweise selten oberflächig aufgeschlossen, bieten aber vor allem über Ihren Polleninhalt ein wesentliches Element zur Gliederung und stratigraphischen Einordnung quartärer Ablagerungen.
Periglaziale Seeablagerungen sind demgegenüber deutlich seltener als solche identifiziert.
Z. T. wird der Begriff Seeablagerungen auch ohne den Zusatz „warmzeitlich“ bzw. „periglazial“ als Pendant zu den glazilakustrinen Beckenablagerungen verwendet.
Literatur FÜCHTBAUER, H. (Hrsg.) (1988): Sediment-Petrologie / Sedimente und Sedimentgesteine: Sediment-Petrologie, Teil II. – 1141 S.; Stuttgart (Schweizerbart).
GROSSE-BRAUCKMANN, G. (1961): Zur Terminologie organogener Sedimente. – Geologisches Jahrbuch, 79: 117–144.
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SCHÄFER, A. (2005): Klastische Sedimente. – 414 S.; München (Elsevier).
SCHREINER, A. (1997): Einführung in die Quartärgeologie. – 257 S., Stuttgart (Schweizerbart).
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TUCKER, M. E. (1999): Sedimentary Petrology. An Introduction to the origin of sedimentary rocks. – 262 S.; Oxford (Blackwell).
Bearbeitung Erstbearbeitung: MENKE, B. (1984)
Neubearbeitung: FRANZ, M., DOPPLER, G., HOSELMANN, C. (2019)

Abbildung 1
Abb. 34-01: (?) Frührißzeitliche, periglaziale Seeablagerungen mit Torfmudde-Horizont (Kuglmühlbach bei Weidenkam E Amberg am Starnberger See, BY, Foto: G. DOPPLER, 2015)
Abbildung 2
Abb. 34-02: Mittelwürmzeitliche, periglaziale Seeablagerungen (Mergel) mit einer Groblage (debris flow) (Nesseltalgraben NNE Unterau bei Berchtesgaden, BY; Foto: G. DOPPLER, 2015)
Abbildung 3
Abb. 34-03: Mittelwürmzeitliche, periglaziale Seeablagerungen mit einer durch Setzungs- und Entwässerungsprozesse gestörten Wechsellagerung von dunkleren Ton- und helleren Kalkmudden (Nesseltalgraben NNE Unterau bei Berchtesgaden, BY; Foto: G. DOPPLER, 2015)
Abbildung 4
Abb. 34-04: Mittelwürmzeitliche, periglaziale Seeablagerungen mit einer durch Setzungs- und Gleitprozesse gestörten Wechsellagerung schwach organischer bis mineralischer Mudden (Nesseltalgraben NNE Unterau bei Berchtesgaden, BY, Foto: G. DOPPLER, 2015)

Inspire Code
Genutzt für BoreholeML Nein
Begriffs-ID 34
Eltern-ID 33
Hierarchie 4
Änderungsdatum 19.01.2023

Link https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/0ac4c057-bc78-4edb-9e7a-6afcd3a912a9
Excel https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/excel/0ac4c057-bc78-4edb-9e7a-6afcd3a912a9
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Zitiervorschrift:
AG Geologie: Geologische Kartieranleitung, Seeablagerungen, warmzeitlich oder periglazial; 04.09.2023.- Online im Internet: https://www.geokartieranleitung.de/Fachliche-Grundlagen/Genese-und-Geogenese/Geogenetische-Definition/Lockergesteine/entry/0ac4c057-bc78-4edb-9e7a-6afcd3a912a9/mid/3427, Abrufdatum 16.05.2024 um 22:51 Uhr.
(Letzte Aktualisierung dieser Seite: Last update : 04.09.2023 10:21:46)
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