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Geschiebedecksand

Liste Geogenetische Definitionen für Lockergesteine

Überbegriffe Umlagerungsbildungen > Frostbodenbildungen

Unterbegriffe -

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Status gültig
Kürzel Sp
Erläuterung Schichtungslose, schwach kiesführende Sanddecke in der Alt- und Jungmoränenlandschaft im Norddeutschen Tiefland
Synonyme

Kategorisierung petrogenetisch
Englisch solimixtive cover sand
Zusammensetzung / Merkmale Der Geschiebedecksand besteht aus einer 40 cm bis max. ca. 1 m mächtigen, schichtungslosen Sanddecke, die im Norddeutschen Tiefland überwiegend in der Altmoränen- und in der Jungmoränenlandschaft außerhalb der Flugsand- und Dünenvorkommen an der Geländeoberfläche auftritt. Der meist nur schwach kieshaltige (< 10 Vol.-%) und stellenweise fast kiesfreie Geschiebedecksand zeichnet sich überwiegend durch seine Mittelsanddominanz aus und weist eine meist geringe Grobschluffkomponente auf. An seiner Basis kann eine Kiesanreicherung und seltener eine Kies- bzw. Steinsohle ausgebildet sein, in der lokal das Auftreten von Windkantern charakteristisch ist.
Entstehung Verbreitet mehrphasige Entstehung durch periglaziären Prozesskomplex mit letzter Überprägung im ausgehenden Weichsel-Pleniglazial und Spätglazial. Auswehung von Feinmaterial und dadurch Zunahme der Kies- und Steingehalte mit Bildung einer Kiesanreicherung, seltener einer Steinsohle als Deflationspflaster mit Windkantern. Überwehung mit Flugsand und dessen Einbeziehung in den sommerlichen Auftauboden über Permafrost; durch Regelation häufig geringe Aufarbeitung von Liegendmaterial. Die Grobschluffkomponente ist auf Kryoklastik sowie teilweise auf äolischen Eintrag zurückzuführen. Materialhomogenisierung fand durch frostdynamisch-solimixtiv sowie in hängiger Lage durch solifluidale Prozesse statt. Örtlich sind dünne Verschwemmungslagen zwischengeschaltet, die Hinweise auf Abspülungsprozesse geben.
Bildungsprozess solimixtiv
Bildungsraum terrestrisch
periglazial
Bildungsmilieu sedimentär
Abgrenzung
  • Eine → äolisch beeinflusste Fließerde weist i. d. R. höhere Schluffgehalte als äolische Bestandteile auf. In manchen Landschaftsräumen südlich der Mittelgebirgsschwelle tritt jedoch in spätglazialen Fließerden (Hauptlagen) ebenfalls eine Flugsandkomponente auf und verdeutlicht die genetische Verwandtschaft zwischen den periglaziären Bildungen. 
  • Eine → Solimixtionsdecke mit deutlicher äolischer Beeinflussung weist meist höhere Lösslehmgehalte auf und zeigen durch die Einwirkung von Regelationsprozessen häufig steil gestellte Grobkomponenten sowie teilweise eine deutliche Substratverdichtung. Die Solimixtion ist ein Teilprozess bei der überwiegend komplexen Genese von Geschiebedecksand. 
  • Flugsand ist eine überwiegend kaltzeitliche Windaufwehung aus hauptsächlich gut sortierten Fein- und Mittelsanden.
Anmerkung Im Englischen existiert keine Definition des Geschiebedecksands. Der hier eingeführte Begriff „solimixtive cover sand“ wurde deshalb unter Einbeziehung der wichtigsten genetisch-petrographischen Merkmale neu gebildet.
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Bearbeitung Erstbearbeitung: HINZE, C., MEYER, K.-D., REICHMANN, H. (1985)
Neubearbeitung: KÖSEL, M., FLECK, W., KÜHN, D. (2021)

Abbildung 1
Geschiebedecksand mit Steinsohle an der Basis (6 dm unter Flur) auf glazifluviatilen Sanden (Nordostdeutsches Tiefland; Foto: LBGR Brandenburg)
Abbildung 2
Geschiebedecksand (4–6 dm unter Flur) auf Geschiebelehm (Nordostdeutsches Tiefland; Foto: LBGR Brandenburg)

Inspire Code
Genutzt für BoreholeML Nein
Begriffs-ID 215
Eltern-ID 211
Hierarchie 3
Änderungsdatum 17.02.2021

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Zitiervorschrift:
AG Geologie: Geologische Kartieranleitung, Geschiebedecksand; 04.09.2023.- Online im Internet: https://www.geokartieranleitung.de/Fachliche-Grundlagen/Genese-und-Geogenese/Geogenetische-Definition/Lockergesteine/entry/8c9f47c3-d757-4489-924a-d132a3c33f81/mid/3427, Abrufdatum 19.05.2024 um 21:07 Uhr.
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