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Marschhufenbeet

Liste Geogenetische Definitionen für Lockergesteine

Überbegriffe Anthropogene Bildungen > Meliorativ veränderte Gesteine > Aufträge über mineralischem Sediment

Unterbegriffe -

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Status gültig
Kürzel yMB
Erläuterung Durch Auftrag von Uferwallmaterial und Wattablagerungen gewölbte mittelalterliche Ackerfläche
Synonyme

Kategorisierung geomorphologisch
Englisch ridge and furrow
Zusammensetzung / Merkmale Marschhufenbeete sind gewölbte mittelalterliche Ackerflächen in Form von erhöhten ca. 20 m breiten Rücken (Beete) und dazwischenliegenden Gräben (Grüppen). Marschhufenaufträge bestehen aus Material des Uferwalls und den darunterliegenden Wattablagerungen. Mit dem Aushub werden diese marinen Sedimente homogenisiert. Der entkalkte Uferwall wird bei der Anlage mit frischem kalkhaltigem Wattsediment (Blausand) angereichert und im Sinne der landwirtschaftlichen Nutzung verbessert. Daneben können Marschhufenbeete auch in anderen Marschbereichen angelegt worden sein. Im Idealfall liegt der Auftrag gut abgrenzt über alten A-Horizonten („Dwoge“) des Mittelalters. Neben der feinstsandigen bis tonigen Zusammensetzung sind in diesen Ablagerungen die Schwefelgehalte von Bedeutung. So finden sich auch im Bereich der Marschhufenbeete sulfatsaure Bildungen aus der Oxidation von Pyrit und Schwefelsulfat.
Entstehung Ab ca. 1100 n.Chr. fand im Marschland der Unterelbe und angrenzenden Bereichen die erste tiefgreifende Veränderung statt. Mit dem geschlossenen Landesdeich (Hollerdeich, Seebandsdeich) und dem rückwärtigen Achterndieck wurden der ca. 1 m höher liegende und 2 bis 3 km breite Uferwall vor Sturmfluten geschützt. Zu den Marschhufensiedlungen gehören Langstreifenflure mit bis 30 m Breite und 1–2 km Länge. Durch Ausheben der Gräben und Aufschütten der Beete in Handarbeit wurde das Marschhufenbeet-Grüppen-System in seiner ursprünglichen Form angelegt. Die Entwicklung in den nachfolgenden Jahrhunderten ist im Profilaufschluss nachvollziehbar. Insgesamt sind 6 Phasen erkennbar (s. u.). Von 1100 bis 1800 n. Chr. herrschte die Ackerwirtschaft vor und wurde dann von der Grünlandwirtschaft abgelöst. Nach 1950 wurden die Marschhufenbeete zumeist eingeebnet und in weiten Teilen erneut als Acker genutzt. Nur ein kleiner Teil wird heute noch als Grünland genutzt.
Die Anlage von Marschbeeten wurde noch bis ins 20. Jh. in eingedeichten Groden (Deichkammern) durchgeführt.
Bildungsprozess anthropogen
Abgrenzung Anders als → Wölbäcker kommen Marschhufenbeete nur im Marschgebieten vor.
Anmerkung Die Kulturmaßnahmen waren neben Bodenverbesserung durch den Auftrag von kalkhaltigem Blausand auch auf die Entwässerung ausgerichtet. Nach den natürlichen Prielen erfolgte in den Marschhufen die Entwässerung über die Grüppen.
Als mittelalterliche bis neuzeitliche Ackerkultur sind die Marschhufenbeete und außerhalb des Küstenraums → Wölbäcker kulturgeschichtlich herausragende Bodendenkmale. Der Wölbackerauftrag bezeichnet nur den Auftrag im erhaltenen Wölbackerbeet. Die Sedimente in erodierten und eingeebneten Marschhufen sind Umlagerungsbildungen.
Literatur KREUZBERG, T. (2013): Die Marschböden zwischen Cuxhaven und Stade - Anthropogene Beeinflussung und Nutzungsprobleme – 45 S.; Bachelorarbeit Geographisches Institut, Univ. Hannover (unveröff.).
KUNTZE, H. (2014): Marschkultur. – In: BLUME, H.-P., FELIX-HENNINGSEN, P., FISCHER, W. R., FREDE, H.-G., HORN, R., & STAHR, K. (Hrsg.): Handbuch der Bodenkunde: 1–31; Landsberg (Ecomed).
SCHWACK, S. (2000): Die Böden des Hadelner Hochlands hinsichtlich ihrer Aussagen zur Landschaftsgenese – 93 S.; Diplomarbeit Institut für Bodenkunde, Hamburg (unveröff.).
VÖLKSEN, G. (1988): Die Marschen an der Unterelbe: Landschaftsveränderungen im Land Hadeln und Kehdingen. – Aktuelle Themen zur niedersächsischen Landeskunde, 5: 45 S.
Bearbeitung GEHRT, E. (2019)

Abbildung 1
Marschhufenbeet bei Altenbruch (TK 25 Blatt 2118 Cuxhaven), Foto: E. GEHRT 2013
Abbildung 2
Schema zur Entwicklung der Marschhufenbeete von 1100 bis heute, E. GEHRT
Abbildung 3
Querschnitt durch ein Marschhufenbeet (TK 25 Blatt 2118 Cuxhaven), Foto: E. GEHRT 2013
Abbildung 4
Schematischer Schnitt durch eine Grüppe, E. GEHRT

Inspire Code
Genutzt für BoreholeML Nein
Begriffs-ID 345
Eltern-ID 343
Hierarchie 4
Änderungsdatum 31.03.2021

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Zitiervorschrift:
AG Geologie: Geologische Kartieranleitung, Marschhufenbeet; 04.09.2023.- Online im Internet: https://www.geokartieranleitung.de/Fachliche-Grundlagen/Genese-und-Geogenese/Geogenetische-Definition/Lockergesteine/entry/abd3ce0b-3f3b-4781-8e16-05687bea2e54/mid/3427, Abrufdatum 20.05.2024 um 06:20 Uhr.
(Letzte Aktualisierung dieser Seite: Last update : 04.09.2023 10:21:46)
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