Fachliche Grundlagen > Genese und Geogenese > Geogenetische Definition > Lockergesteine

Uferwallbildungen (Küste)

Liste Geogenetische Definitionen für Lockergesteine

Überbegriffe Meeres- und Küstenablagerungen > Küstenablagerungen

Unterbegriffe -

Download Begriffsdefinition 'Uferwallbildungen (Küste)' als PDF

Status gültig
Kürzel ufw
Erläuterung Wallartig angehäufte, feinklastische Ablagerungen im Mündungsbereich größerer Flüsse
Synonyme Uferwallfazies

Kategorisierung geomorphologisch, petrogenetisch
Englisch natural levee (in coastal areas)
Zusammensetzung / Merkmale Uferwallbildungen (im Küstengebiet) bestehen aus tonig-schluffigen, oft auch feinsandigen, kalkfreien bis schwach kalkhaltigen Sedimenten. Charakteristisch ist die Sturmflutschichtung mit deutlicher Wechsellagerung von Feinstsand und Ton bis Schluff. Die Sturmflutschichtung findet sich insbesondere im Mündungsbereich der größeren Flüsse (z. B. Elbe). Landeinwärts nehmen die Häufigkeit und Mächtigkeit der Sturmflutschichten ab. Die Ablagerungen sind dann tonig mit nur wenigen Sturmflutmarkern (verbreitet z. B. an der Ems).
Uferwallbildungen enthalten Holz, überwiegend in Form von Wurzeln und Stubben, seltener als Stämme und Äste. Unter den Baumstubben und Wurzeln sind bislang u.a. folgende Holzarten nachgewiesen worden: Erle, Esche sowie untergeordnet Ulme und Eiche. Typisch sind eine türkisgrüne Farbe, häufiges Vorkommen von Sideritkonkretionen sowie eine krümelige bis schwach prismatische Sedimentstruktur.
Primär sind die Uferwälle salz-, kalk- und schwefelhaltig, da neben den Sedimenten auch diese Bestandteile mit jeder Überflutung eingetragen werden.
Entstehung Uferwallbildungen (im Küstengebiet) entstehen durch zyklisch wiederholte Sedimentation von feinklastischen Ablagerungen im Uferbereich fluviatiler und ästuariner Systeme. Bei den häufigen geringen bis mittleren Sturmfluten werden im Bereich der Uferwälle oberhalb der Mitteltidehochwasserlinie (MThw-Linie) (supratidal) in Wechsellagerung feinsandige und bindige Sedimente abgelagert. Mit dem ansteigenden Meeresspiegel dringen die Sturmflutabsätze sukzessive weiter ins Landesinnere vor. In Regressionsphasen etablieren sich Humushorizonte (→ Dwog), die bei anschließender Transgression mit neuem Sediment überdeckt werden.
Die Uferwallbildung beginnt um die Zeitenwende mit häufigeren Sturmfluten und wird durch den Ausbau der Flussdeiche ab dem Mittelalter eingeschränkt. Die alten Uferwälle in einer Höhenlage um 1 m ü. NHN sind heute durch die Bodenbildung salz- und kalkfrei. Die Sulfatdynamik ist abgeschlossen. Lediglich außendeichs hält die Bildung der Uferwälle an. Hier findet mit Sturmfluten anhaltend ein Salz-, Kalk- und Sulfateintrag statt. Die jungen Uferwallbildungen finden sich der Transgression folgend in einer Höhenlage von 1-2 m ü. NHN und liegen weiter im Landesinneren als die alten Uferwälle.
Uferwälle wurden aufgrund der relativ erhöhten Lage früh (eisenzeitlich bis Mittelalter) durch Gehölze der Weichholzaue bis hin zum Traubenkirschen-Eschenwald (Erle, Esche sowie untergeordnet Ulme und Eiche) besiedelt. Örtlich finden sich entsprechende Hölzer. Von den Uferwällen an den Unterläufen der Flüsse sind die Uferwälle südlich der Barriereinseln zu trennen (z. B. Fedderwarden, Wangerland, Butjardingen). Sie werden ebenfalls bei geringen bis mittleren Sturmfluten im Supratidal gebildet. Die Sedimente weisen eine kaum differenzierbare Sturmflutschichtung auf. Im Gegensatz zu den Uferwällen an den Flüssen folgt die Sedimentation hier den fein verästelten Prielen in den Salzwiesen. Dadurch ergibt sich ein fein verästeltes Muster von nah beieinanderliegenden jüngeren und älteren Ablagerungen. Vergleichbare Ablagerungsbedingungen finden sich heute noch im Gebiet der nordfriesischen Inseln (z. B. Hallig Langeneß).
Die hier beschriebenen Bildungen sind auf den sturmflutbeeinflussten Bereich am Unterlauf der Flüsse beschränkt und unterscheiden sich dadurch von den → Flussablagerungen.
Bildungsprozess Sedimentation
klastisch
• durch Überflutung
Bildungsraum fluviomarin
Ästuar
supratidal
Überschwemmungsbereich
Bildungsmilieu sedimentär
brackisches Bewegtwasser
Abgrenzung
  • Groden : Die Ablagerungen in den Groden (Köge, Polder) weisen vergleichbare Merkmale wie die Uferwälle auf. Die Ablagerungen in den Groden wurden aber durch die Landgewinnung des Menschen unterstützt oder aktiv gestaltet. 
  • Epilitorale Ablagerungen: Sedimente, die bei Sturmfluten hinter dem → Uferwall abgelagert werden. Die vorgelagerten Uferwälle werden überspült, so dass sedimentführendes Wasser in das Hinterland der Uferwälle gelangt. 
  • Auenwaldbildungen (küstennah): Topographisch tieferliegende Partien der Flussauen, die regelmäßiger überflutet werden bzw. die, soweit es sich um Altwässer handelt, dem subaquatischen Milieu zuzurechnen sind. Diesen Bildungen fehlen im Vergleich zu den Uferwallbildungen die türkisgrüne Farbe und das Krümelgefüge. 
  • Uferwall (Flussablagerungen): Diese Sedimente werden u.a. nach ihrer räumlichen Beziehung zu heutigen und früheren Abflusssystemen gegliedert, z. B. nach ihrer Lage in Bezug auf das Mündungssystem des Flusses. Uferwallbildungen (im Küstengebiet) sind auf den Gezeitenbereich am Unterlauf der Flüsse beschränkt und können daher von den allgemeiner gefassten Flussablagerungen in den küstenfernen Flussbereichen abgegrenzt werden.
Anmerkung Bereits kurz nach der Ablagerung beginnt im oxischen Milieu die initiale Bodenbildung durch Schwefeldynamik und Kalklösung. Uferwälle können durch fossile Ah-Horizonte (→ Dwog) gegliedert sein.
Trockene Partien der Auenwälder und insbesondere die Uferwälle am Unterlauf der Flüsse waren bevorzugte Siedlungsplätze während der älteren Eisenzeit und römischen Kaiserzeit. Uferwälle können im Endstadium ihrer Entwicklung Breiten von mehreren hundert Metern, an großen Flüssen auch über 1.000 m erreichen, so dass nur noch bei höher auflaufenden Sturmfluten sedimentführendes Wasser in die Bereiche hinter den Uferwällen gelangen konnte. Neben anderen Küstenablagerungen wurden die Sedimente der Uferwälle ab dem Mittelalter für den Deichbau genutzt („Klei“). Ab dem 19. Jh. bis in die 1960er Jahre wurde dieses Rohmaterial zudem bevorzugt für die Herstellung von Ziegelsteinen abgebaut.
Literatur BARCKHAUSEN, J. (1984): Geologische Karte von Niedersachsen 1:25000, Erläuterungen zu Blatt Nr. 2609 Emden. – 109 S.; Hannover (NLfB).
BEHRE, K.-E. (1985): Die ursprüngliche Vegetation in den deutschen Marschgebieten und deren Veränderung durch prähistorische Besiedlung und Meeresspiegelbewegungen. – Verhandlungen der Gesellschaft für Ökologie, 13: 85–96.
GEHRT, E., BENNE, I., EILERS, R., HENSCHER, M., KRÜGER, K. & LANGNER, S. (2013): Das Landschafts- und Bodenentwicklungsmodell der niedersächsischen Marschen für die Geologische Karte und Bodenkarte 1:50.000. – Siedlungs- und Küstenforschung im südlichen Nordseegebiet (SKN), 36: 31–47.
PREUSS, H. (1979): Die holozäne Entwicklung der Nordseeküste im Gebiet der östlichen Wesermarsch. – Geologisches Jahrbuch, A 53: 3–84.
STREIF, H. (1990): Das ostfriesische Küstengebiet - Inseln, Watten und Marschen. – Sammlung Geologischer Führer, 57, 2. Aufl.: 376 S.; Berlin, Stuttgart (Borntraeger).
Seite „Uferwall“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 27. April 2016, 11:41 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Uferwall&oldid=153871336 (Abgerufen: 25. Juli 2016, 09:24 UTC)
Bearbeitung Erstbearbeitung: MENKE, B. (1986)
Überarbeitung: SCHWARZ, C., GEHRT, E., KAUFHOLD, H., OBST, K., GRUBE, A. & MEINSEN, J. (2020)

Abbildung 1
Profil eines Uferwalls der Elbe bei Oederquart/Kehdingen (Niedersachsen) mit deutlicher Sturmflutschichtung (Fotos: GEHRT, E., 2010).
Abbildung 2
Detailaufnahme (Ausschnitthöhe circa 0,2 m) eines Uferwalls der Elbe bei Oederquart/Kehdingen (Niedersachsen) mit deutlicher Sturmflutschichtung (Fotos: GEHRT, E., 2010).

Inspire Code
Genutzt für BoreholeML Nein
Begriffs-ID 336
Eltern-ID 6
Hierarchie 3
Änderungsdatum 12.03.2021

Link https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/91972240-8c4f-4e28-a133-746015e8ddb9
Excel https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/excel/91972240-8c4f-4e28-a133-746015e8ddb9
JSON https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/json/91972240-8c4f-4e28-a133-746015e8ddb9
CSV https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/csv/91972240-8c4f-4e28-a133-746015e8ddb9

Zur Liste 'Geogenetische Definitionen für Lockergesteine' zurück
Zitiervorschrift:
AG Geologie: Geologische Kartieranleitung, Uferwallbildungen (Küste); 04.09.2023.- Online im Internet: https://www.geokartieranleitung.de/Fachliche-Grundlagen/Genese-und-Geogenese/Geogenetische-Definition/Lockergesteine/entry/91972240-8c4f-4e28-a133-746015e8ddb9/mid/3427, Abrufdatum 17.05.2024 um 07:57 Uhr.
(Letzte Aktualisierung dieser Seite: Last update : 04.09.2023 10:21:46)
© AG Geologie