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Murablagerung

Liste Geogenetische Definitionen für Lockergesteine

Überbegriffe Umlagerungsbildungen > Fließbildungen

Unterbegriffe -

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Status gültig
Kürzel mu
Erläuterung Aus Suspension aus Wasser und Feststoffen (Wassergehalt z.T. > 50 %) abgelagerte Lockergesteine aus einem Gemisch aller Korngrößen
Synonyme Murstromablagerung

Kategorisierung petrogenetisch
Englisch debris flow deposit, mud flow deposit
Zusammensetzung / Merkmale Eine Murablagerung ist ein Lockergestein, das sich aus einem Gemisch aus grobem und feinem Schutt sowie Feinmaterial aufbaut. Nicht selten enthält sie Beimengungen von Holz. Am Ausgang steiler Täler läuft die Murablagerung bei nachlassendem Gefälle z. T. zungenförmig aus oder bildet einen markanten → Murkegel.
Entstehung Nach Niederschlagsereignissen oder der Schneeschmelze kommt es zu einem starken Wasserzutritt in den Schuttkörper der Tiefenbereiche steiler Bachtäler vorwiegend des Hochgebirges, der dadurch mobilisiert wird. Nicht selten erfolgt unter solchen Verhältnissen ein zusätzlicher Schutteintrag von den Hängen durch Massenverlagerungen. Im Gegensatz zum fluviatilen Transport handelt es sich beim murartigen Feststofftransport und beim Murgang um eine schnell abfließende Suspension aus Wasser, Feststoffen und Wildholz, wobei der Wassergehalt bis deutlich über 50 % betragen kann. Eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Murgängen spielen kurzfristige Verklausungen, die den Abflussquerschnitt stark einengen oder sogar dammartig verschließen und bei deren Durchbruch es zum Murgang kommt. Murgänge können Fließgeschwindigkeiten von bis zu 20 m/s erreichen. Wasserverlust, Materialablagerung oder über eine längere Strecke nachlassendes Talgefälle können wie der Einbau von Schutzbauwerken zum Stillstand des Murgangs führen. Murgänge sind häufig an ein Gefälle > 20 % gebunden, während sie in Strecken mit < 15 % Neigung nicht auftreten bzw. zum Stillstand kommen.
Bildungsprozess verspült
gravitativ
Bildungsraum terrestrisch
Hang
• Steilhang
Bildungsmilieu sedimentär
Abgrenzung
  • Schuttstromstromablagerung besteht aus einem komponentengestützten Diamikt mit > 50 % Grobanteilen (Grus, Kies, Steine, Blöcke) und schluffigem bis tonigem Feinmaterial, der sich im Zuge relativ langsamen, breiartigen Fließens gebildet hat. 
  • Schlammstromablagerung ist ein Diamikt mit < 50 % Grobanteilen (Grus, Kies, Steine, Blöcke) und schluffiger bis toniger Matrix, der sich im Zuge relativ langsam, breiartigen Fließens gebildet hat.
Anmerkung Im englischen Sprachraum wird bei schnellen, murartigen Massenverlagerungen zwischen schuttreichen debris flow deposits und schuttarmen mud flow deposits unterschieden.
Bei Hanganbrüchen bzw. Hangmuren, die an flache Translationsrutschungen erinnern, bewegt sich ein wasserreiches Gemisch aus Verwitterungs- und Lockergesteinsmaterial außerhalb von Tiefenlinien als viskose Masse mit deutlicher Quererstreckung hangabwärts.
Murgänge können, wenn entsprechende Entstehungsbedingungen vorliegen (hohe Reliefenergie, Starkregenniederschläge sowie ein verengter, häufig anthropogen eingeschränkter Abflussquerschnitt), stellenweise auch außerhalb des Hochgebirges auftreten. Ein Beispiel hierfür ist die murgangähnliche Massenverlagerung, welche sich nach einem extremen Starkregenereignis 2016 in der Gäulandschaft des nördlichen Baden-Württembergs ereignete und große Schäden verursacht hat (VOGEL et al. 2017).
Literatur BAFU (Hrsg.) 2016: Schutz vor Massenbewegungsgefahren. Vollzugshilfe für das Gefahrenmanagement von Rutschungen, Steinschlag und Hangmuren. – Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Vollzug Nr. 1608: 98 S.
BAYERISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT (2017): Geogefahren erkennen – Steinschlag, Felssturz, Rutschung, Erdfall. 20 S.
BUNZA, G. & MANGELSDORF, J. (1976): Geologisch-morphologische Grundlagen der Wildbachkunde. – Schriftenreihe Bayerische Landesstelle für Gewässerkunde, 11 (Teil I, Systematik und Analyse alpiner Massenbewegungen): 84 S.
KRÖGER, J., JERZ, H. & GROTTENTHALER, W.: Mure und Murstrom. – In: HINZE, C., JERZ, H., MENKE, B. & STAUDE, H. (1989): Geogenetische Definitionen quartärer Lockergesteine für die Geologische Karte 1 : 25 000 (GK 25). – Geologisches Jahrbuch, A 112: 114–115.
ONR 24800 (2009): Schutzbauwerke der Wildbachverbauung – Begriffe und ihre Definitionen sowie Klassifizierung. – Austrian Standards Institute, 75 S., Wien.
VOGEL, K., OZTURK, U., RIEMER, A., LAUDAN, J., SIEG, T., WENDI, D., AGARWAL, A., RÖZER, V., KORUP, O. & THIEKEN, A. (2017): Die Sturzflut von Braunsbach am 29. Mai 2016 – Entstehung, Ablauf und Schäden eines „Jahrhundertereignisses“. Teil 2: Geomorphologische Prozesse und Schadensanalyse. – Hydrologie und
Wasserbewirtschaftung (HW), 61, 3: 163–175.
Bearbeitung Erstbearbeitung: KRÖGER, J., Jerz, H., GROTTENTHALER, W. (1984)
Neubearbeitung: KÖSEL, M., FLECK, W. (2019)

Abbildung 1
Murablagerung mit Murkegel (Goms, Kanton Wallis, Schweiz; Foto: J. EBERLE, Universität Tübingen)
Abbildung 2
Detailaufnahme Murablagerung (Goms, Kanton Wallis, Schweiz; Foto: J. EBERLE, Universität Tübingen)
Abbildung 3
Murstromähnliche Ablagerung am Rand des Kochertals (Braunsbach, Landkreis Schwäbisch Hall; Foto: LGRB Baden-Württemberg)
Abbildung 4
Grobe Ablagerungen nach Murgang (Braunsbach, Landkreis Schwäbisch Hall; Foto: LGRB Baden-Württemberg)
Abbildung 5
Murablagerung: Grobmaterial mit Feinanteil, Ablagerung vorwiegend in Wällen entlang von Rinnen, teils auch flächig (Brucklaine, Hörnle-Aufacker, Grafenschau, Bayern; Foto: LfU 2016)

Inspire Code
Genutzt für BoreholeML Nein
Begriffs-ID 196
Eltern-ID 366
Hierarchie 3
Änderungsdatum 17.02.2021

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Zitiervorschrift:
AG Geologie: Geologische Kartieranleitung, Murablagerung; 04.09.2023.- Online im Internet: https://www.geokartieranleitung.de/Fachliche-Grundlagen/Genese-und-Geogenese/Geogenetische-Definition/Lockergesteine/entry/c6d6ff62-95ee-4c55-a31d-9765cb0d959f/mid/3427, Abrufdatum 19.05.2024 um 14:04 Uhr.
(Letzte Aktualisierung dieser Seite: Last update : 04.09.2023 10:21:46)
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