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Ausschmelztill

Liste Geogenetische Definitionen für Lockergesteine

Überbegriffe Gletscherablagerungen und glazigene Vollformen > Gletscherablagerungen > Till > Primärtill

Unterbegriffe -

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Status gültig
Kürzel gtm
Erläuterung Till, der durch passives Austauen an der Sohle stagnierender bzw. langsam fließender Gletscher entstanden ist.
Synonyme Ausschmelzmoräne (Weiterverwendung nicht empfohlen)

Kategorisierung petrogenetisch
Englisch subglacial meltout till
Zusammensetzung / Merkmale Diamiktes Gemisch aus Gesteins- und Mineralbruchstücken in einer sandig-schluffigen, z. T. auch tonigen Matrix, die häufig schwach ausgebildete Schichtungsmerkmale aufweist. Weiteres charakteristisches Merkmal ist die Drapierung größerer Klasten durch Feinkornlagen, die durch die schichtweise Ablagerung feinen Gesteinsmaterials aus basal schmelzendem Eis entsteht (siehe Foto). Innerhalb von Ausschmelztill finden sich häufig Sand- und Kieslinsen, die z. T. durch Abschiebungen gekennzeichnet sind und als Reste verfüllter ehemaliger englazialer bzw. subglazialer Abflussbahnen gedeutet werden. Ausschmelztill ist nur mäßig konsolidiert und nicht glazitektonisch zerschert.
Entstehung Ausschmelztill entsteht durch passives Austauen an der Sohle (subglazial) stagnierender bzw. langsam fließender Gletscher. Nach der Definition von HALDORSEN & SHAW (1982) belegt die Schichtung eine direkte Ablagerung aus stratifiziertem, schuttreichem, basalem Gletschereis. Diese Genesevorstellung ist jedoch teilweise umstritten, denn die typischen Gefügemerkmale eines Ausschmelztills können auch auf syn- bzw. postsedimentäre Überprägung durch die im subglazialen Austauprozess entstandenen Schmelzwässer zurückgeführt werden. Zudem zeigen viele Ausschmelztills Anzeichen für eine gravitative Umlagerung, die eine klare Abgrenzung zu → Fließtill erschwert. Auf Grundlage des typischen Schuttgehalts basalen Gletschereises (10–20 Vol.-%), sollte das Niedertauen stagnierenden Eises nur zu relativ geringmächtigen Einheiten von Ausschmelztill führen können (etwa Dezimeterbereich). Stratigraphisch treten Ausschmelztills meist im Hangenden von → Traktionstills oder als Überdeckung von → Glazitektoniten auf. In diesem Lagerungszusammenhang ist der Ausschmelztill ein diagnostisches Merkmal für den Übergang vom aktiv gleitenden zum inaktiven Gletscher.
Bildungsprozess • ausgeschmolzen
Bildungsraum subglazial
Bildungsmilieu glaziär
Abgrenzung
  • Abschmelztill: entsteht beim Niedertauen eines inaktiven Gletschers aus supraglazial (auf dem Gletscher) sowie englazial (im Gletscher) transportiertem Schutt.
  • Traktionstill : ein in der subglazialen Traktionszone gleitender Gletscher durch Druckschmelzen, Absetzen (Lodgement) und Scherung entstandenes Sediment.
  • Fließtill: gravitativ gebildete Rutschmassen, die durch das Abgleiten von der Eisoberfläche außerhalb subaquatischer Ablagerungsräume gebildet werden.
  • Unterwassertill : subaquatisch abgelagertes glazigenes Diamikton, welches meist im Verbund mit glazilakustrinen Sedimenten auftritt.
Anmerkung Aufgrund der in vielen Fällen erkennbaren sekundären Überprägung durch Schmelzwässer wird der Ausschmelztill von einigen Autoren nicht zu den Primärtills gezählt (Zuordnung zu Sekundärtill). 
Literatur BOULTON, G. S. (1970): On the deposition of subglacial and melt-out tills at the margins of certain Svalbard glaciers. – Journal of Glaciology, 9: 231–245.
BRODZIKOWSKI, K. & LOON, A. J. VAN (1990): Glacigenic Sediments. – Developments in Sedimentology, 49: 674 S.; Amsterdam (Elsevier).
DREIMANIS, A. (1988): Tills: Their genetic terminology and classification. – In: GOLDTHWAIT, R. P. & MATSCH, C. L. (eds.): Genetic classification of glacigenic deposits: 17–83; Rotterdam (Balkema).
EVANS, D. J. A. (2007): Tills – In: ELIAS, S. A. (ed.): Encyclopedia of Quaternary Science: 959–975; Amsterdam (Elsevier).
HALDORSEN, S. & SHAW, J. (1982): The problem of recognizing melt out till. − Boreas, 11: 261–277.
SHAW, J. (1982): Melt out till in the Edmonton area, Alberta, Canada. − Canadian Journal of Earth Sciences, 19: 1548–1569.
Bearbeitung ROTHER, H.; März 2019

Abbildung 1
Drenthezeitlicher Ausschmelztill mit durch Feinmaterial drapiertem Klast (Hornower Hochfläche im Tagebau Jänschwalde, Brandenburg; Foto: R. KÜHNER 2002).

Inspire Code
Genutzt für BoreholeML Ja
Begriffs-ID 139
Eltern-ID 298
Hierarchie 5
Änderungsdatum 04.07.2024

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Zitiervorschrift:
AG Geologie: Geologische Kartieranleitung, Ausschmelztill; 31.03.2025.- Online im Internet: https://www.geokartieranleitung.de/Fachliche-Grundlagen/Genese-und-Geogenese/Geogenetische-Definition/Lockergesteine/entry/17dcc121-1fea-494c-8f47-eaed69a2357a/mid/3427, Abrufdatum 01.05.2025 um 21:13 Uhr.
(Letzte Aktualisierung dieser Seite: Last update : 31.03.2025 13:18:13)
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