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Travertin

Liste Geogenetische Definitionen für Lockergesteine

Überbegriffe Ausfällungsbildungen > Kalkausfällungen

Unterbegriffe Travertin, porös
Travertin, massig
Travertin, klastisch

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Status gültig
Kürzel kt
Erläuterung Zellig-poröses bis massig-kompaktes Kalkfestgestein, zumeist durch biogen gesteuerte Karbonatfällung und Pflanzeninkrustation im Umfeld von Grundwasseraustritten (Quellen, Seen, Kaskaden) entstanden.
Synonyme

Kalktuff (Bachtuff, Flusstuff, Moostuff, Quell(en)kalk, Quelltuff, Schilftuff, Stengeltuff etc.) - der Ausdruck Kalktuff sollte für Travertine nicht benutzt werden, da ''Tuff' ein Material ist, das infolge vulkanischer Ereignisse durch die Luft transportiert wurde und der Begriff „Tuff“ die Partikelgröße beschreibt.

Dauch (Verwendung nicht mehr empfohlen)

Sinterkalk, Sinterkalkstein (Verwendung nicht mehr empfohlen)

Sauerwasserkalk (Verwendung nicht mehr empfohlen)

Travertin, phytoherm


Kategorisierung petrogenetisch
Englisch Travertine, calcerous tufa
Zusammensetzung / Merkmale Grobporöse bis fast dichte, massige Süßwasserkarbonate werden als Travertin bezeichnet. Inkrustationen von Pflanzenresten und das Auftreten von Schnecken und Molluskenschalen sind typisch. Lockere bis feste, porös-zellige, kaum zementierte Travertine (Lockertravertine, phytoherme Travertine) bauen sich weitgehend aus umkrusteten Pflanzen oder Pflanzenteilen auf (z.B. Characeen-, Blätter-, Schilf-, Moostravertine). Es existieren alle Übergang zu massigen Travertinen mit lagiger Struktur, wenigen Grobporen und teilweise biogenen Krusten. Insbesondere feingliedrige Inkrustationen (z.B. Characeentravertin) können durch fließendes Wasser zu Travertinsanden aufgearbeitet werden.
 
Als Aragonit scheidet sich Travertin aus warmen, z.T. vulkanischen Quellen ab; er ist dann meist weniger porös und weniger von Pflanzenresten durchsetzt.
Entstehung Terrestrischen Süßwasserkarbonaten aus normal temperierten oder thermalen Wässern ausgeschieden werden. Sie entstehen durch Ausfällung an oder im Umfeld von natürlichen oder künstlichen Grundwasseraustrittstellen (Quellen, Teiche, Kaskaden). Erwärmung des kühlen Grundwassers und Druckentlastung verändern den CO2-Partialdruck führen zur CO2-Abgabe und damit zur Karbonatausfällung. Vielfach spielt auch die assimilierende Tätigkeit von Pflanzen und Mikroorganismen bei der Entstehung eine Rolle. Derartige Kalkabscheidungen umkrusten oft Pflanzenstängel und fixieren dadurch die Lebenswelt des Bildungsraums. Die entstehenden Gesteine sind durch die Hohlformen ehemaliger Pflanzenteile häufig porös (Lockertravertin).
Karbonatfällung kann auch eintreten, wenn heiße karbonatreiche Wässer z.B. vulkanischer Herkunft durch Druckentlastung am Quellaustritt einen Teil ihres CO2-Gehaltes verlieren (Heißwassertravertine).
Bildungsprozess präzipitär
• chemisch-sedimentär bis biogen
Bildungsraum terrestrisch
• Quellbereich bis lakustrin
• „Rieselfelder“
Bildungsmilieu sedimentär
• Süßwasser
Abgrenzung Wiesenkalk = hellgraues bis weißliches, feinkörniges, ungeschichtetes Lockergestein aus Kalziumkarbonat, aus kalkreichem Grundwasser in Oberflächennähe ausgefallen
Wiesenmergel wie oben aber mit erhöhtem siliziklastischen Anteil
Seekreide = hellgraue bis weißliche, feinkörnige, karbonatreiche (>95%) Seeablagerung, entsteht unter ständiger Wasserbedeckung.
Anmerkung Klassifikation genetischen und genetisch-texturellen Merkmalen bei den Autoren vielgestaltig und z.T. wiedersprechend
 
Gestein benannt nach italienischen Begriff Tivertino, dem Gestein aus der Lagerstätte bei Tivoli bei Rom
Literatur Füchtbauer, H. (Hrsg.) (1988): Sediment-Petrologie / Sedimente und Sedimentgesteine: Sediment-Petrologie, Teil II. – 1141 S., Schweizerbart (Stuttgart).
Kamradt, I. (2002): Die thüringischen Travertine – Verbreitung und Genese am Beispiel ausgewählter Vorkommen. Shaker Verlag.
D’Argenio, B. & Ferreri, V. (1987): A brief outline of sedimentary models for pleistocene travertine accumulation in southern italy. – Rend Soc It, 9:167-170.
Kano, A.; Okumura, T.; Takashima, C. & Shiraishi, F. (2019): Geomicrobiological Properties and Processes of Travertine. – Springer.
Koban, C.G. &Schweigert, G. (1993): Süddeutsche Travertinvorkommen im Vergleich—Stuttgarter Travertine (Mittel-Pleistozän) und Riedöschinger Travertin (Mittel-Miozän). —N. Jb. Geol. Paläont., Abh.,189, 171–197, Stuttgart.
Pentecost, A. (2005): Travertine. – 459 S., Springer.
Bearbeitung Erstbearbeitung : HARMS, F.-J., HINZE, C. & MERKT, J. Mai 1985
Neubearbeitung: Katzschmann.; 2022

Abbildung 1
Abb. 238-1: gelblichgrauer, massiger, deutlich geschichteter Travertin, Steinbruch Weimar Ehringsdorf (Unterer Travertin, Saalekomplex), Wandhöhe ca. 6m.
Abbildung 2
Abb. 238-2: gelblichgrauer, massiger, Travertin; Schichtfläche = ehemalige Landoberfläche mit („Trocken“)Rissen (durch Verkarstung + Sinterbildung überprägt), deutlich erkennbar (verschwemmte) Holzkohlepartikel und Knochenfragmente eines ehemaligen Rastplatzes von Homo sapiens (sog. Branntschicht); Steinbruch Weimar Ehringsdorf (Oberer Travertin, Saalekomplex), Bildunterkante ca. 20 cm.
Abbildung 3
Abb. 238-3: bräunlicher, massiger, deutlich geschichteter Travertin mit Knochenresten von Großsäugern, Steinbruch Weimar Ehringsdorf (Unterer Travertin, Saalekomplex).
Abbildung 4
Abb. 238-4: rezente Travertinbildung am Steilhang der Subersach-Schlucht bei Lingenau („Quelltuff-Naturlehrpfad“, Österreich)
Abbildung 5
Abb. 238-5: rezente Travertinbildung (laufende Umkrustung von Pflanzenresten (Zweige, Blätter) durch Kalkablagerung im fließenden Wasser) am Steilhang der Subersach-Schlucht bei Lingenau („Quelltuff-Naturlehrpfad“, Österreich)
Abbildung 6
Abb. 238-6: rezente Travertinbildung (Kalkausfällung auf Moosen) am Steilhang der Subersach-Schlucht bei Lingenau („Quelltuff-Naturlehrpfad“, Österreich)

Inspire Code
Genutzt für BoreholeML Ja
Begriffs-ID 238
Eltern-ID 233
Hierarchie 3
Änderungsdatum 18.01.2023

Link https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/5d10bbae-a744-4771-87bf-e5bd295c2f20
Excel https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/excel/5d10bbae-a744-4771-87bf-e5bd295c2f20
JSON https://www.geokartieranleitung.de/desktopmodules/gkalist/api/json/5d10bbae-a744-4771-87bf-e5bd295c2f20
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Zitiervorschrift:
AG Geologie: Geologische Kartieranleitung, Travertin; 04.09.2023.- Online im Internet: https://www.geokartieranleitung.de/Fachliche-Grundlagen/Genese-und-Geogenese/Geogenetische-Definition/Lockergesteine/entry/5d10bbae-a744-4771-87bf-e5bd295c2f20/mid/3427, Abrufdatum 19.05.2024 um 07:07 Uhr.
(Letzte Aktualisierung dieser Seite: Last update : 04.09.2023 10:21:46)
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